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Nicht empfehlenswert

10.03.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn man die jährlichen Zugkilometer, die dort erbracht werden, einmal ausrechnet und diese in Relation zu den Preisen rechnet, die die öffentliche Hand dort beisteuert, sind wir bei rund zwanzig Euro pro Zugkilometer. Das ist ein Wucherpreis und steht in keinem Verhältnis zum Nutzen, der davon erzielt wird. Würde man stattdessen ernsthaft eine langlaufende Eisenbahnleistung von der Ostsee über Berlin, den dortigen Flughafen und Dresden bis Chemnitz ausschreiben, würde wohl nicht mal die DB AG wagen, einen Preis von zwanzig Euro pro Zugkilometer aufzurufen.

Obwohl: Man weiß es nicht, in der Wüste ist das Wasser eben teurer – so sagt es ein geflügeltes Wort. In jeden Fall zeigt es, dass es nicht reicht, überall dort, wo es keinen SPFV gibt, Regionalisierungsgelder reinzupumpen in der Hoffnung, dass die DB AG sich erbarmt, einzelne Züge länger fahren zu lassen. Zumal die üblichen Fragen, die sich bei solchen Deals stellen, ja auch hier aufpoppen: Was passiert bei Zugausfällen, wie gedenken die Aufgabenträger mit Schlechtleistungen umzugehen und was ist mit den Geldflüssen, wenn so ein Zug mal mehrere Monate baustellenbedingt gar nicht betrieben werden kann?

Offensichtlich hat sich im konkreten Fall niemand gefunden, der bereit war, diesen Deal zwischen VMS und der DB AG zu beklagen. Dabei ist es noch gar nicht lange her, da ging es um das Elektronetz Mittelsachsen, da hat genau dieser klagewütige DB-Konzern versucht, mit juristischen Schritten die Herstellerwartungspläne des VMS zu verhindern. Nun hat man sich wieder zusammengefunden und die DB AG kassiert Geld, das jenseits jeder normalen Vergabe ist.

Dabei gibt es auch noch einen zweiten Punkt, den man beachten muss: Für die Bestellung von SPFV-Leistungen sind die Länder nicht zuständig, diese sind ausschließlich für den Regionalverkehr verantwortlich. Alles andere ist Bundessache, das ist in Artikel 87e des Grundgesetzes klar und deutlich geregelt. Hier wird der Bund auch verpflichtet, das nähere in einem Bundesgesetz zu regeln. Der Bundesrat hat zwar hin und wieder mal Entwürfe verabschiedet, bei denen ist es dann aber auch geblieben: Kein einziger Gesetzesentwurf hat es jemals auf dem Postweg vom Bundesrat in den Bundestag geschafft.

Nun mag ich hier gar nicht die staatsrechtliche Grundsatzfrage bewerten, wie das Verhältnis der beiden Kammern im deutschen Parlamentarismus untereinander ist, aber die Länder unterlaufen ihre Sache doch selbst, wenn sie immer wieder Deals mit einem Bundesunternehmen machen oder das zumindest versuchen anstatt dem Bund gegenüber klarzumachen, dass dieser sich gefälligst um den Fernverkehr zu kümmern hat.

Sei es mit einem bundesweiten Aufgabenträger oder sei es, indem dieser seine DB Fernverkehr AG dort fahren lässt, wo ein Verkehrsbedürfnis vorhanden ist. Zur Not müssen sich eben auch mal Bundesländer zusammentun und vor dem Bundesverfassungsgericht auf Erlass eines Gesetzes klagen, zu dem der Bund verpflichtet ist. Was wir hier erleben jedenfalls löst die Probleme nicht.

Siehe auch: Symbolische Fernzüge in Chemnitz
Foto: Deutsche Bahn AG / Heiko Auerswald

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