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DVB realisiert Fahrdrahthebeanlage

11.03.22 (Sachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Ab sofort benutzen die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) an der Kreuzung Lommatzscher Straße / Washingtonstraße eine neuartige Anlage zur Anhebung der Straßenbahnoberleitung. Durch diese „Fahrdrahthebeanlage“ kann auf eine Einstellung des Straßenbahnverkehrs von und nach Kaditz verzichtet werden, wenn nachts große Schwertransporte diese Kreuzung zwischen der Autobahn und dem Hafen Dresden passieren.

DVB-Vorstand Lars Seiffert denkt dabei zuerst an die Fahrgäste: „Wenn solch ein Schwertransport angekündigt ist, können wir jetzt, anders als in der Vergangenheit, weiterhin die ganze Nacht mit der Straßenbahn fahren und unseren Kunden das Umsteigen in einen Ersatzbus ersparen.“ Sein Vorstandskollege Andreas Hemmersbach freut sich über die Initiative des Mitarbeiters.

„Die Erfindung unseres Kollegen ist in ihrer technischen Umsetzung bisher einmalig. Sie kostet nur rund ein Viertel einer vergleichbaren Anlage. Vielleicht lässt sich die neuartige Technik sogar patentieren.“ Die Passage der Schwerlast-LKW unter der Fahrleitung hindurch dauert jetzt nur noch eine Viertelstunde und kann gut in den nächtlichen DVB-Takt integriert werden.

Für das Anheben der Oberleitung werden zehn Minuten benötigt, für das anschließende Absenken fünf. Bisher mussten für die Schwertransporte zunächst einige Teile der Straßenbahnfahrleitung demontiert und dann der Fahrdraht mit Seilwinden per Hand angehoben werden. Dafür waren mehrere Turmwagen-Besatzungen im Einsatz und die Strecke musste rund sechs bis acht Stunden für den Straßenbahnbetrieb gesperrt werden. Zwar gibt es auf dem Markt bereits eine Hebeanlage, allerdings basiert sie auf einem anderen Prinzip mit Trapezgewinde.

„Mir schwebte eine komplett neue Anlage auf Basis wartungsarmer und sicherer Zahnstangenmechanik vor“, meint Erfinder Roland Kluge, der bei den DVB als Ingenieur und Leiter der Inspektion Bahnstromversorgungsanlagen arbeitet. „Die Idee entstand, weil zuletzt immer häufiger Schwertransporte genau diese Strecke zum Hafen und dem dortigen Schwerlastkran nahmen. Vor allem für die Turbinen der Firma Siemens Energy in Görlitz mit einem Gewicht von 300 Tonnen und eine Höhe von 6,10 Meter, die für Kraftwerksprojekte in Übersee vorgesehen waren, mussten wir oft nachts die Fahrleitungsanlage anheben“, so Kluge.

Und Siemens hat weitere solcher Bauteile angekündigt. Mit der neuen Technik muss niemand mehr in luftiger Höhe arbeiten. Wenn der Schwertransport passieren soll, kann unten am Mast eine Kurbel angesteckt und die Fahrleitung per Zahnstangenmechanik von 5,50 Meter um etwa 1,40 Meter auf 6,90 Meter nach oben gefahren werden.

Ist der Transport durch, wird wieder nach unten gekurbelt.Entwicklung und Bau der neuen „Fahrdrahthebeanlage“ kosteten insgesamt 112.000 Euro, davon wurden 83.000 durch den Freistaat Sachsen gefördert. Nach der Abnahme der Anlage durch die technische Aufsichtsbehörde konnte sie sofort in Betrieb gehen.

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