Die inländische Eisenbahnpolitik geht weiter
07.03.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Auch wenn sich die Ereignisse in der Ukraine seit Ende Februar überschlagen, so geht es dennoch auch mit den ganz normalen Themen weiter: Dazu gehört auch, dass die Eisenbahn in Deutschland vernünftig finanziert und aufgestellt werden muss. Durch die Corona-Krise hat sich die Arbeitswelt nachhaltig verändert und ein Zurück ins Jahr 2019 wird es nicht geben. Die Zeiten, dass jeder für Büroarbeiten morgens mit der S-Bahn fährt, sind vorbei. Viele Arbeitnehmer werden dauerhaft viel häufiger aus der eigenen Wohnung heraus arbeiten.
Es gibt auch objektiv keinen Grund, wieso ein normaler Computerarbeitsplatz nicht auch in der eigenen Wohnung stehen kann, wieso man jeden Tag morgens hin und nachmittags zurückfahren muss. Das gute ist, dass gerade die Verkehrsverbünde sich hier bereits vielfach drauf eingestellt haben: So gibt es sehr häufig Möglichkeiten, auch dann nicht auf die relativ teuren Einzelfahrscheine zurückgreifen zu müssen, wenn man nur noch einen Tag in der Woche oder drei Tage im Monat ins Büro fährt.
Wichtig ist, dass man auch solchen Menschen ein Angebot, die nicht mehr jeden Morgen um sieben Uhr am Bahnsteig stehen, sondern vielleicht am Dienstag um elf Uhr oder am Donnerstag um 14 Uhr. Das ist aber erneut eine Situation, die man nicht von oben lösen kann, sondern wo die Verkehrsverbünde ihre eigenen Lösungen brauchen und sich Gedanken machen müssen, wie man jemanden, der seine Monatskarte nicht mehr braucht, nun ein Angebot machen kann, welches die gelegentliche Fahrt zur Arbeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln attraktiv bleiben lässt. Der VDV kann hier allenfalls die Verbünde miteinander ins Gespräch bringen und zum Austausch anregen, was ja auch passiert.
Tatsächlich erleben wir aber im Schatten der aktuellen Ereignisse auch eine Debatte um die generelle Neuausrichtung der Eisenbahn: Dass Ronald Pofalla den DB-Konzern verlässt, ist sicher mehr als nur Zufall und für die Rente ist er doch einige Jahre zu jung. Zunächst einmal wird hier deutlich, dass die Eisenbahnpolitik im Bundeskanzleramt gemacht wird und die DB AG nun einen Vertrauten von Olaf Scholz braucht.
Pofalla wurde ganz gezielt geholt, um einen direkten Draht ins Bundeskanzleramt zu haben. Nun muss jemand anders her und zwar bevor sich Grüne und FDP in der Koalition für eine neu organisierte Eisenbahn durchsetzen können. In der SPD, diesen Faustpfand hat die DB AG, wird die Eisenbahnpolitik in der Kanzlerpartei SPD wird von der EVG gemacht. Es bleibt also abzuwarten, ob es wirklich zu einer ernsthaften Veränderung in der Ausrichtung der Infrastruktursparkten des Konzerns kommen wird.
Eins aber steht fest: Natürlich hat DB Regio bei einem ganzen Strauß an Themen die gleichen Interessen wie die Westfalenbahn oder National Express, auch DB Netz gegenüber. Der Konzern ist nur die Klammer, der die Dinge zusammenhält, aber unter diesem Dach gibt es in der Sache begründeten Konflikte. Das sind Themen, die uns trotz der aktuellen Ukraine-Krise in der nächsten Zeit begleiten werden.
Foto: Deutsche Bahn AG / Uwe Miethe