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Für eine gemeinwohlorientierte Infrastruktur

10.02.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Immer wieder suggeriert die DB AG, aus deren Sicht wohl verständlicherweise, sie selbst würde die Investitionsvolumina für die Schiene bestimmen und auch finanzieren. Das Ziel ist klar, gerade jetzt, wo die Debatte um die Konzernstruktur wieder Fahrt aufgenommen hat: Sachunkundige Mandatsträger, denen die Schiene am Herzen liegt, ohne aber zu wissen, wie diese organisiert ist (und die nicht selten nach wie vor „Bundesbahn“ sagen) sollen denken, dass nur die DB in ihrer jetzigen Existenz dafür sorgt, dass die Schiene ausreichend finanziert wird.

Dabei stammt nur ein Bruchteil tatsächlich aus den Konzernkassen und das meiste wird von der öffentlichen Hand beigesteuert. Übrigens zurecht, denn die Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur ist eine gesamtstaatliche Aufgabe, hier sind sowohl der Bund als auch die jeweiligen Länder gefordert. Dass es dabei bei der DB AG selbst durchaus unterschiedliche Ansätze gibt, ist ja auch nichts neues.

Unter Hartmut Mehdorn wollte der Konzern immer alles umsonst kriegen. Im Zeitgeist der 1990er und 2000er Jahre sollte das Netz zwar ausschüttungsfähige Gewinne erwirtschaften, die Beteiligung an den Unterhaltungskosten hielt man aber für eine reine Staatsaufgabe, die bestenfalls potentielle Aktionäre vergraulen könnte. So war das damals, als man Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren wollte.

Später dann, schon unter Rüdiger Grube, wollte die Konzernspitze in Nordrhein-Westfalen sogar mal eine Modernisierungsoffensive nachträglich neu verhandeln und einen höheren Eigenanteil leisten. Denn nur Geld, das der Konzern selbst investiert hat, gilt später in den Bilanzen als gebundenes Kapital und es kann eine entsprechende Rendite, finanziert natürlich aus Infrastrukturgebühren, gerechtfertigt werden.

Dabei ist genau das einer der strukturellen Nachteile, denen die Eisenbahn im Wettbewerb der Verkehrsträger ausgeliefert ist: Wo die Straße bedarfsgerecht finanziert wird, muss man bei der Eisenbahn die Renditen für den Konzern erwirtschaften. Dabei hält man es durchaus für legitim, wenn DB Regio eine Ausschreibung mit Unterkostenpreisen gewinnt, die zwingende Rendite scheint bei Infrastrukturprojekten aber nicht zur Disposition zu stehen.

Und überhaupt stellt sich die Frage, welche Machtstruktur von einem Netzbetreiber ausgeht, der seine Baustellen nach Belieben organisieren kann. Angenommen man hat ein Unternehmen, das Kunde von DB Netz und Wettbewerber von DB Regio ist, das durch die verstärkten Bauaktivitäten bereits in Schieflage geraten ist. Dann kann man natürlich durch weitere Baustellen dafür sorgen, dass endgültig die Luft ausgeht und von den Folgeverträgen, die nach einer möglichen Insolvenz auftreten, kann wiederum DB Regio profitieren.

Nun soll das keine Unterstellung der DB AG gegenüber sein, aber es ist doch ein Gedanke, der angesichts aktueller Geschehnisse gerade im SPNV-Markt und der stark gestiegenen Bauaktivitäten im Netz durchaus naheliegend sein dürfte. Deshalb gilt: Die Eisenbahninfrastruktur muss gemeinwohlorientiert bewirtschaftet werden.

Siehe auch: Investitionsoffensive im Jahr 2022
Foto:
Deutsche Bahn AG / Jannik Walter

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