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EVG fordert Finanzierungsreform

17.02.22 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) fordert eume umfassende Finanzierungsreform der Schiene, um damit sowohl die Qualität der Infrastruktur als auch die Zugleistungen verbessern zu können. Als erster Branchenakteur thematisiert man in diesem Zusammenhang hohe Summen nicht verausgabter Regionalisierungsgelder, die bei den Ländern liegen.

EVG-Vorstand Kristian Loroch sprach sich dafür aus, dringend die gemeinsame Nahverkehrsfinanzierung zwischen Bund, Ländern und Kommunen, unter der Federführung des neuen Verkehrsministers, zu reformieren, um einen attraktiven, leistungsfähigen und klimagerechten Nahverkehr zu realisieren, wie dies auch im Koalitionsvertrag vorgesehen sei.

Loroch: „Als EVG kritisieren wir schon seit langem, dass Regionalisierungsmittel von vielen Ländern nicht vollständig und nicht zielgerichtet zur Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs verwendet werden. Auch die Bundesmittel des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) fließen seit Jahren nicht vollständig ab. Insofern teilen wir die Auffassung des Bundesrechnungshofes, dass die Finanzierung des Nahverkehrs auf den Prüfstand gehört.“

Die EVG fordert konkret folgendes: Alle finanziellen Mittel, ob vom Bund, den Länder oder den Kommunen, müssen effektiv für einen attraktiven, klimagerechten und leistungsfähigen SPNV und ÖPNV eingesetzt werden, der gute Bedingungen für Beschäftigte und Fahrgäste liefert. Das bedeutet, dass die für das System Schiene vorgesehen Mittel der Schiene – und hier insbesondere dem Erhalt der Infrastruktur zugute kommen. Der neue Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) muss dieses große und wichtige Thema schnell angehen.

Allein durch die nicht vollständige Verwendung der Regionalisierungsmittel fahren weniger Züge, als dies möglich wäre. Das ist neben der unnötigen Angebotsverringerung insofern fatal, da die notwendige Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung der Schieneninfrastruktur aus Trassenpreisen finanziert werden. Diese fallen durch die geringeren Länderbestellungen niedriger aus, als dies möglich wäre. Es wird aber jeden Cent gebraucht, um das Schienennetz instand zu halten und so auch einen wichtigen Beitrag für Qualität und Pünktlichkeit sowie letztendlich auch der Attraktivität des Verkehrsträgers Schiene zu leisten.

Deshalb fordert die Gewerkschaft, dass alle Mittel, die für das System Schiene vorgesehen sind, der Schiene auch zugutekommen. Die Millionenreste, die in den unterschiedlichen Finanzierungstöpfen liegen bleiben, müssen im Zweifel direkt in den Erhalt der Infrastruktur investiert werden. Daher begrüßen wir es, dass sich der Bundesrechnungshof dafür ausgesprochen hat, die Verantwortlichkeit für die Finanzierung der Schieneninfrastruktur beim Bund zu belassen und nicht auf die Länder zu übertragen.

Wenn die ambitionierten aber grundsätzlich richtigen klima- und verkehrspolitischen Ziele der Ampel-Koalition umgesetzt werden sollen, brauchen wir klare Vorgaben, wie insbesondere der Verkehr auf der Schiene so attraktiv gestaltet werden kann, dass der Zug zur ernsthaften Alternative zum Individualverkehr wird. Das bedeutet die Taktfolge zu erhöhen und gleichzeitig das Netz so zu ertüchtigen, dass das notwendige Mehr an Zügen auch gefahren werden kann. Auch in Bahnhöfe muss investiert werden, die sich in ländlichen Regionen mit Angeboten über den Bahnsteig hinaus zu einem neuen Mittelpunkt der Gemeinden entwickeln könnten.

Loroch: „Vergessen werden dürfen dabei nicht die Beschäftigten, die das Rückgrat und Gesicht des Nahverkehrs sind. Wir haben insofern vor allem deren Arbeits- und Sozialbedingungen im Blick. Dazu gehören endlich auch einheitliche und gute Mindeststandards bei den Ausschreibungsbedingungen, damit der Wettbewerb nicht weiter auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. Es braucht dringend flächendeckende, zeitgemäße Vergabe- und Tariftreuregelungen, die beispielsweise Betriebsübergänge bei Betreiberwechseln aber auch das Thema Sicherheit auf dem Zug regeln. Hier gibt es große Defizite, die durch gesetzliche Vorgaben des Bundesverkehrsministers ausgeräumt werden können.“

Bund, Länder, Kommunen und Verkehrsunternehmen sind in der gemeinsamen Verantwortung für den Nahverkehr und gefordert, die Vision eines starken und innovativen SPNV und ÖPNV mit einem gemeinsamen Verständnis umzusetzen. Hierfür müssen die Gelder aufgewandt werden und dürfen nicht dauerhaft unverausgabt herumliegen.

Siehe auch: Etwas aus dem Geld machen

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