Beweismittel sichern
27.01.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Auch nach sechs Jahren ist die Kölner Silvesternacht uns noch allen präsent. Obwohl es eigentlich eine deutsche Silvesternacht war, gelten die Vorgänge auf der Domplatte, im Hauptbahnhof und in der näheren Umgebung zum einen als das jähe Ende der Asylpolitik des Jahres 2015, aber auch als Anfang einer neuen Politik der inneren Sicherheit. 16 Monate später kam es in Nordrhein-Westfalen zum Regierungswechsel, was natürlich ganz erheblich mit ebenjener Kölner Silvesternacht und dem, was in den folgenden Tagen, Wochen und Monaten passiert ist, zu tun hatte.
Nun geht wieder eine Legislaturperiode zu Ende und wir erleben, dass all die Dinge in der Umsetzung sind, die damals nur auf dem Papier oder als Idee bestanden haben. Dazu gehören auch die Bodycams, die auf ähnliche Art und Weise Beweise sichern sollen wie die Kameras an den Bahnsteigen und in den Zügen. Überhaupt ist das so eine Geschichte: So gab es rund um die Sexualverbrechen in der Silvesternacht 2015/16 tatsächlich Fälle, wo man Täter nicht verfolgen konnte, weil die Überwachungskameras Bilder produziert haben, deren Qualität nicht ausgereicht haben, um die Täter zu überführen.
Es stellt den deutschen Sicherheitsbehörden natürlich ein Armutszeugnis aus, wenn man dem Strafrichter einen CGA-Pixelmatsch als Beweisvideo zu präsentieren versucht in einer Zeit, in der jedes Billig-Smartphone für achtzig Euro problemlos HD-Aufnahmen fertigt. Hier muss sich etwas tun und hier hat sich in den letzten Jahren auch eine Menge getan. Dabei gilt es, einen vernünftigen Weg zu finden zwischen dem berechtigten Sicherheitsanspruch der Fahrgäste und der informationellen Selbstbestimmung.
Deshalb finden die Regelungen zur Speicherung solcher Videos auf die gleiche Art und Weise Anwendung, die schon seit Jahren bekannt ist: Nach einem definierten Zeitraum werden die Videos unwiderruflich gelöscht und sind dann auch mit einem Gerichtsbeschluss nicht mehr einsehbar. Wenn also ein 15jähriges Mädchen in der S-Bahn sexuell belästigt wird, heißt es für die Eltern, dass man schnell zur Polizei gehen und Anzeige erstatten muss.
Im Zuge der Digitalisierung geht das auch schon lange über das Internet und wer sich damit eine Woche oder länger Zeit lässt, der muss sich dann nicht wundern, wenn die entsprechenden Videoaufnahmen nicht mehr verfügbar sind. Es gibt aber auch einen Aspekt der Generalprävention: Manch einer kriegt Hemmungen, wenn er eine solche Bodycam bei einem KVB-Mitarbeiter sieht, und wird dann doch nicht handgreiflich.
Und darum geht es doch auch, gerade im Zeitalter des Fachkräftemangels: Dass man gute Bewerber für die Verkehrsunternehmen findet, die bereit sind, sich diesem Beruf mit all den Widrigkeiten zu widmen. Eine Grundvoraussetzung ist, dass man sich als Branche und Unternehmensvertreter auf die Seite derer stellt, ohne die sich hier kein Rad drehen würde, die Tag und Nacht für uns alle da sind. Der flächendeckende Einsatz solcher Formen der Beweismittelsicherung ist da ein wichtiger, guter Schritt.
Siehe auch: Bodycams bei der KVB
Foto: Kölner Verkehrs-Betriebe AG