Weil Busse und Bahnen mehr sind als Kostenverursacher
06.12.21 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Wir alle sprechen von der Verkehrswende von starken öffentlichen Verkehrsmitteln und weiß der Kuckuck was noch alles. Dennoch haben wir in der politischen Wahrnehmung noch immer den Denkansatz, dass eine Autofabrik – egal wie pleite der Hersteller ist und wie oft man sie retten muss – Arbeitsplätze sichert, während der Straßenbahnfahrer nur Geld kostet. Das ist aber gerade nicht so.
Blicken wir nach Bochum, wo die damalige Adam Opel AG in den 1960er Jahren ihre Standorte auf ehemaligen Bergbaugebieten errichtet hat und im Grunde fast von Anfang an ständig mit der Werksschließung gedroht hat. Die Zahl der Beschäftigten ist gesunken und schnell war klar, dass es vielleicht für ältere „Opelaner“ die Perspektive gibt, die Zeit bis zur Rente dort noch irgendwie durchschlagen zu können, aber die junge Generation wird dort keine Zukunft haben.
Immer wieder wurden erfolgreiche Rettungspakete geschnürt, zu denen immer massive Arbeitsplatzabbauten gehört haben und im Gegenzug hat man dann wieder versprochen, den Standort für zwei, drei oder vier Jahre zu erhalten. Langfristig ging das natürlich nicht gut, irgendwann war Opel trotz zig Rettungsaktionen, Demonstrationen und Solidaritätsbekundungen von Politikern aller Parteien weg aus Bochum.
Dass die Bogestra AG seit dem 19. Jahrhundert vor Ort ist, Mobilität sichert und dafür sorgt, dass dort Menschen Arbeit und Beschäftigung haben, ist ein ganz anderes Thema. Das nimmt kaum einer wahr, dabei arbeiten auch dort die Familienangehörigen oft seit Generationen. Nicht anders ist es in der Eisenbahnbranche. In vielen Familien sind junge Leute in dritter, vierter oder fünfter Generation zu Eisenbahnern geworden, denn dort gibt es dauerhaft und verlässlich Arbeit.
Es wird immer einen Eisenbahnverkehr in Deutschland geben, man kann sich drauf verlassen, dass ein ausgebildeter Lokomotivführer oder Mechatroniker aus der Werkstatt auch im Jahr 2040 noch Arbeit hat. Ein 2005 geborener Schulabgänger, dessen Arbeitsleben wohl bis in die 2070er Jahre andauern wird, kann sich drauf verlassen, dass er als Lokomotivführer, Fahrdienstleiter, vielleicht auch als Straßenbahnfahrer oder einem anderen Beruf im Bereich öffentlicher Verkehr dauerhaft Arbeit und Beschäftigung finden wird.
Man sieht es auch daran, dass sich gerade in bundesweit aktives Nahverkehrsunternehmen im Schutzschirmverfahren befindet und das im Ruhrgebiet bereits am 31. Januar aufhören wird zu existieren. Hier muss aber niemand Angst haben, ab Februar arbeitslos zu sein und das anstehende Weihnachtsfest ist mitnichten von Existenzängsten geprägt.
Natürlich stehen Veränderungen an, aber jeder kann sicher sein, dass es weitergehen wird: Sei es unter dem Dach eines anderen Unternehmens auf der gleichen Strecke, sei es bei einem anderen Arbeitgeber oder sei es dass man als gesuchte Fachkraft mehrere Bewerbungen schreibt und sich dann den Job aussuchen kann. Eisenbahner sind genauso wichtig die alle anderen Berufe in unserer Gesellschaft, sie sind weit mehr als Kostenfaktoren.
Siehe auch: Wiener Linien: Jobmotor an der Donau
Foto: Deutsche Bahn AG / Bernd Roselieb