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NEE fordert Infrastruktur-Offensive

16.11.21 (Güterverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Schienenverkehr wächst seit Jahren – nicht jedoch das Schienennetz. Auf dem deutschen Eisenbahnnetz wird es immer enger, weil die Länge der Schienenstränge seit ungefähr einem Jahrzehnt stagniert. Davor nahm die Streckenlänge durch Stilllegungen sogar stark ab. Im Jahr 2021 werden knapp 2.400-mal so viele Straßenkilometer in Deutschland in Betrieb genommen als Eisenbahnstrecken.

Nach Erhebungen des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) kommen in diesem Jahr im rund 33.300 Kilometer langen Schienennetz des Bundes lediglich 4,2 Kilometer (= 0,01 Prozent) Neubau hinzu. Konkret geht es um ein 3,1 Kilometer langes zweites Gleis am nordöstlichen Stadtrand von Berlin (Nähe Karower Kreuz), ein 800 Meter langes zweites Gleis und ein Brückenbauwerk am „Homburger Damm“ in Frankfurt am Main und die Verlängerung eines Überholgleises in Kindsbach (bei Kaiserslautern).

NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger: „Die vom Bund beauftragte DB Netz hat damit in der gesamten 19. Legislaturperiode nur 67 Kilometer zusätzliche Gleise in den Verkehr gebracht. Würde man alle Pressemitteilungen und Drucksachen, in denen die Regierung eine Stärkung der Schiene angekündigt und dabei die Klimaziele bemüht hat, hintereinanderlegen, käme vermutlich eine kaum kürzere Strecke zusammen.“

Die neue Regierung muss nach dem Willen der Güterbahnen eine konsequente Aufarbeitung der Abläufe durch eine externe Prüfung und ein Sofortprogramm für schnell wirksame Kapazitätserhöhungen bei der DB Netz auf den Weg bringen. Irrwege wie DB-Eigenkapitalerhöhungen für Infrastrukturausbauten und die Verpflichtung der DB Netz AG, Ausbauten aus Trassenpreiseinnahmen – verbrämt als „Eigenmittel“ – mitzufinanzieren, müssten im Zuge einer Bahnreform II beendet werden, um den Ausbau zu beschleunigen.

Die Zukunft des Schienengüterverkehrs steht und fällt mit einer erweiterten Infrastruktur, die die vom BMVI geplante Steigerung seines Anteils im Verkehrsmarkt bis 2030 von derzeit 18 auf 25 Prozent aufnehmen kann. Hinzu kommt der von der Regierung angekündigte Deutschlandtakt, der in den kommenden Jahren verwirklicht werden soll und zusätzlich Züge auf die Schiene bringt. Auf vielen Strecken läuft der Verkehr an der Kapazitätsgrenze, als überlastet gelten bereits jetzt 21 Streckenabschnitte.

„Es geht bei der Frage um Schienenkapazität nicht um ein paar Schönheitsreparaturen, sondern darum, einen Kollaps zu verhindern“, so Westenberger. „Die Verkürzung der Transportzeit, höhere Zuverlässigkeit des Transportweges und damit bessere Planbarkeit sind neben dem Preis ausschlaggebende Punkte für die Kunden, ihre Ware nicht per Lkw, sondern mit dem Zug zu transportieren.“ Von der Eisenbahnreform am 1. Januar 1994 bis heute hat die Bundesrepublik insgesamt 1.717 Kilometer Strecke neu oder deutlich ausgebaut – im Schnitt also 61 Kilometer. Pro Jahr wurden im Schnitt mehr als 10.000 Kilometer Straße neu eröffnet.

Foto: Deutsche Bahn AG

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