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BNetzA stärkt Qualitätsanspruch im Winter

02.11.21 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Bundesnetzagentur hat die Qualitätsansprüche der Eisenbahnverkehrsunternehmen im Winter gegenüber den Eisenbahninfrastrukturunternehmen gestärkt. So sind die Infrastrukturbetreiber jetzt verpflichtet, zugeschneite Strecken innerhalb von 24 Stunden wieder befahrbar zu machen. Tagelange Streckensperrungen wegen zu vielen Schneefällen sind künftig nicht mehr möglich.

Nicht betroffen sind aber freiwillige Betriebseinstellungen, die z.B. von DB Fernverkehr prophylaktisch vorgenommen werden. Während des „Schneechaos“ im Februar dieses Jahres fielen massenweise Züge aus. In Einzelfällen blieben Strecken bis zu zehn Tage gesperrt. Bundesnetzagentur und Eisenbahn-Bundesamt haben auf Beschwerde der Wettbewerbsbahnen die Wintervorbereitungen von DB Netz und DB Station und Service untersucht.

Der vorab veröffentlichte Entscheidungstenor verpflichtet DB Netz nun unter Androhung eines Zwangsgelds, gesperrte Strecken binnen 24 Stunden wieder befahrbar zu machen. Entsprechende Regelungen muss sie in ihre Zugangsbedingungen aufnehmen. Gelingt die Wiederfreigabe künftig nicht innerhalb eines Tages, müsste die DB Netz belegen, dass sie objektiv nicht in der Lage war, ausreichend Vorsorge zu treffen. Damit wird eine lang erhobene Forderung der Wettbewerbsbahnen bestätigt.

Mofair-Präsident Tobias Heinemann: „Die Bundesnetzagentur beseitigt jeden Zweifel: Hervorragende Qualität muss einziger Maßstab für die Steuerung der Monopolbereiche Gleisnetz, Stationen und Bahnstromnetz sein. Betriebswirtschaftliche Ziele des integrierten Konzerns dürfen diese nicht relativieren. Eine kommende Ampelkoalition muss daraus die Konsequenzen ziehen, also die Infrastrukturgesellschaften fusionieren und in direkten Bundesbesitz überführen. In der Satzung einer solchen Gesellschaft müssen volkswirtschaftliche Qualitätsziele verankert werden.“

Trotz mehrtägiger Vorwarnungen trafen Eis und Schnee die Infrastrukturgesellschaften der Deutschen Bahn AG im Februar 2021 erneut unvorbereitet, obwohl diese Wetterphänomene im Februar keineswegs ungewöhnlich sind. Zur Beseitigung von Störungen waren in den betroffenen Gebieten in West- und Mitteldeutschland und Teilen Süddeutschlands weder angemessenes Gerät noch ausreichendes Personal vorhanden.

Die Kommunikation zwischen den Infrastrukturverantwortlichen und den Eisenbahnverkehrsunternehmen war zwar bemüht, aber vielerorts chaotisch. Dabei verlor DB Netz zeitweilig den Überblick über die Befahrbarkeit oder Nichtbefahrbarkeit von Strecken. Die detaillierten Untersuchungen von Bundesnetzagentur (wegen des behinderten Zugangs zur Infrastruktur) und Eisenbahn-Bundesamt (wegen möglicher sicherheitsrelevanter Sachverhalte, für die es jedoch bisher keine Belege gibt) haben das schonungslos offengelegt. Sie bestätigten damit Erfahrungen der Eisenbahnverkehrsunternehmen.

Die Wettbewerbsbahnen forderten schon seit langem, die Prozesse zur Entstörung nach schwierigen Wetterereignissen so zu organisieren, dass gesperrte Strecken spätestens innerhalb von 24 Stunden wieder befahr sind. Diesem Ansatz ist die Bundesnetzagentur jetzt gefolgt. Aus Sicht der Wettbewerbsbahnen haben die DB-Unternehmen in diesem Verfahren nichts zur Klärung beigetragen.

Auf die Frage, wie hoch der finanzielle Aufwand im Falle einer solchen Verpflichtung wäre, blieb DB Netz eine brauchbare Antwort schuldig. Die Konzernschwestern DB Fernverkehr, DB Regio und DB Cargo bezweifelten gar das Recht der Beschlusskammer der Bundesnetzagentur, solche Daten zu erheben. Zwar ist DB Netz ein bundeseigenes Unternehmen, es ist aber in den DB-Konzernverbund eingebunden. Das bedeutet bei Konflikten z.B. zwischen DB Regio und DB Netz, dass der Konzernfriede mögliche Auseinandersetzungen verhindert.

„Offenbar ging hier Konzerndisziplin vor dem eigenen Anspruch an Zuverlässigkeit gegenüber Fahrgästen und Verladern“, kritisiert Mofair-Geschäftsführer Matthias Stoffregen das Verhalten der DB-Konzerntöchter. Er mahnt: „DB Netz könnte nun die zu erwartenden Zusatzkosten für eine angemessene Wintervorbereitung mittelfristig auf die Trassengebühren umlegen. Das zeigt erneut, wie unsinnig die derzeitige Aufstellung des integrierten Konzerns ist und wie sehr sie Qualität und Zuverlässigkeit im Eisenbahnverkehr behindert. Die Orientierung der Monopolbereiche an Qualitätszielen ist überfällig. Dazu müssen diese aus dem integrierten Konzern herausgelöst und in direkten Bundesbesitz überführt werden.“

Siehe auch: Impossibilium nulla est obligatio

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