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Ampelkoalitionsvertrag steht

29.11.21 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

SPD, Grüne und FDP haben ihren Koalitionsvertrag für die kommende Bundesregierung vorgestellt. Demnach soll Olaf Scholz (SPD) in der kommenden Woche als Bundeskanzler gewählt werden, als Bundesverkehrsminister ist Volker Wissing (FDP) im Gespräch, der bereits seit 2016 in Rheinland-Pfalz den Posten des Verkehrsministers inne hat. Eines der Hauptstreitthemen im Bereich Eisenbahn war dabei die Frage nach der Ausrichtung der Infrastruktur und einer möglichen Herauslösung aus dem DB-Konzern.

FDP und Grüne haben die bereits in der Vergangenheit diskutierte Trennung von Netz und Betrieb und die Überführung der Infrastruktursparten in gemeinwohlorientierte Strukturen aus ordnungspolitischen Gründen befürwortet, die SPD sprach sich für den Erhalt des DB-Konzerns in seinem Ist-Zustand aus. Am Ende steht ein Kompromiss: Die Infrastruktursparten sollen zwar unter dem Dach der DB AG verbleiben und auch weiterhin dessen Marke tragen, allerdings sollen die Gewinnabführungsverträge beendet werden. Demnach sind Renditen für den Gesamtkonzern nicht mehr möglich.

„Die gute Nachricht lautet: Auf dieser Grundlage kann der wahrscheinlich nächste Bundesverkehrsminister Volker Wissing die Weichen stellen, um den Marktanteil der Schiene deutlich zu erhöhen und die nachhaltige Mobilität voranzutreiben“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. „Allerdings haben die drei Parteien auch vieles vage gelassen oder sogar in wichtigen Punkten die alte Förderung der Straße bekräftigt. Daher kommt es jetzt mehr denn je auf die Umsetzung durch den Bundesverkehrsminister an“, so Flege weiter.

VDV-Präsident Ingo Wortmann: „Die neue Bundesregierung hat sich viele Aufgaben vorgenommen, die auch aus unserer Sicht dringend gelöst werden müssen, um die Klimaschutzziele im Verkehrssektor und die damit verbundene Mobilitätswende in Deutschland bis 2030 zu erreichen. Vor allem das für unsere Bau- und Modernisierungsvorhaben zentrale Thema der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren war noch nie so stark im Fokus wie im aktuellen Koalitionsvertrag. SPD, Grüne und FDP kündigen hierfür ein umfangreiches Maßnahmenpaket an, das auch zahlreiche Neuregelungen für Baumaßnahmen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur vorsieht. Mit dem formulierten Ziel, die Verfahrensdauern zu halbieren und bereits im ersten Jahr der Legislatur die notwendigen Voraussetzungen für Vereinfachungen umzusetzen, gibt die neue Bundesregierung klare Vorgaben.“

Auf insgesamt 26 Seiten hat der VDV 55 Punkte aufgelistet, die für die Branche relevant sind oder werden könnten. Vor allem natürlich im Kapitel Mobilität, aber auch darüber hinaus, finden sich viele wichtige Formulierungen für den ÖPNV, den Eisenbahnpersonen- und den Schienengüterverkehr: „Die angekündigte Erhöhung der Regionalisierungsmittel und die Zusicherung des Ausgleichs der pandemiebedingten Einnahmeausfälle im Nahverkehr auch für 2022 sind über die Maßen erfreulich und geben der Branche die nötige finanzielle Sicherheit, um weiter mit Hochdruck daran zu arbeiten, möglichst viele Fahrgäste nicht nur zurückzugewinnen, sondern auch neue Kundinnen und Kunden von unseren Produkten zu überzeugen“, so Knut Ringat, VDV-Vizepräsident für die Verbünde und Aufgabenträger.

Ringat: „Wir haben nur noch etwas mehr als acht Jahre Zeit, um die Klimaschutzziele im Verkehrssektor zu erreichen. Dafür brauchen wir einen starken und zukunftsfähigen ÖPNV und Eisenbahnverkehr. Im neuen Koalitionsvertrag finden sich dazu zahlreiche positive Grundlagen, vor allem auch bei den wichtigen Themen wie Digitalisierung, On-Demand und autonomes Fahren“, so Knut Ringat, VDV-Vizepräsident für die Verbünde und Aufgabenträger.

Mofair-Präsident Tobias Heinemann: „Durch den Wegfall der Gewinnerzielungsverpflichtung beseitigen die Koalitionäre das vielleicht wichtigste Hindernis für eine bessere, qualitätsvolle Schieneninfrastruktur. Gewinne aus der regulierten Infrastruktur verbleiben nun dort und werden reinvestiert. Quersubventionierungen zugunsten der DB-Transporttöchter sind dann nicht mehr möglich. Die so oft angeführten „chinese walls“ zwischen den Geschäftsbereichen werden ein Stück mehr Realität – Zeit hierfür ist es, denn damit wird der Wettbewerb gestärkt. Die neue Infrastruktursparte der DB benötigt nun ein unabhängiges Kontrollgremium, in dem auch die Perspektiven der Wettbewerbsbahnen, die das Netz nutzen, vertreten sind. Dies erzeugt die notwendige Aufbruchsstimmung, die der Bahnsektor jetzt benötigt.“

Siehe auch: Entscheidend ist auf dem Platz

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