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Herstellerwartung scheint zu funktionieren

25.10.21 (Bremen, Kommentar, Niedersachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Allen Unkenrufen zum Trotz scheint das mit der Herstellerwartung durchaus bundesweit immer wieder ein beliebtes Modell zur Anschaffung von Fahrzeugen zu sein. Auch die Anschaffung durch den Aufgabenträger ist ja im RE-Kreuz Bremen oder im Expresskreuz Bremen-Niedersachsen, wie es jetzt heißt, überhaupt nichts neues. Im Gegenteil, hier wurden schon zur Jahrtausendwende Fahrzeuge durch das Land Niedersachsen finanziert und niemand hat sich daran gestört.

Fragwürdig sind allerdings die Eigentumsverhältnisse: Das Land hat die Züge bezahlt, aber keinen Zugriff drauf, diese stehen im Eigentum der DB AG. Hätte man im Herbst 2010, also kurz vor dem Abellio-Urteil, nicht die Direktvergabe an DB Regio gemacht, wären die Züge womöglich auf dem Abstellgleis oder in einem anderen Bundesland gelandet, nicht jedoch in Niedersachsen, wo sie finanziert worden sind.

Das ist überhaupt ein interessantes Thema, dass die „üblichen Verdächtigen“, die normalerweise jede Form von Fahrzeugfinanzierung durch den Aufgabenträger ablehnen, unter manchen Konstellationen merkwürdig leise sind. Aber wenn die öffentliche Hand einen Züge für den SPNV finanziert, dann muss gewährleistet sein, dass alle potentiellen Bieter gleichermaßen Zugriff darauf haben. Die Entscheidung, wer fährt, ist in einem fairen Vergabeverfahren zu klären.

Züge einseitig der DB AG zu schenken und schlimmstenfalls dann eine Ausschreibung zu machen, wobei die DB AG sich mit den geschenkten Zügen bewerben darf, alle anderen ihre Fahrzeuge aber finanzieren müssen, geht natürlich nicht und wäre wahrscheinlich auch juristisch angreifbar. Nun hatte die LNVG aber im Jahr 2010 mit politischen Altlasten zu tun: Diese Fahrzeuge in einem Netz, dem RE-Kreuz Bremen zusammenzuziehen, war daher durchaus richtig. Nun kann auch hier die Überführung in den Wettbewerb erfolgen.

Wie sinnvoll es ist, den Hersteller langfristig an seine Züge zu binden, scheint man auch in Niedersachsen erkannt zu haben: Hier endet die Verantwortung nämlich nicht nach zwei oder drei Jahren Gewährleistungszeit, sondern auch in zehn oder zwanzig Jahren muss der Hersteller noch dafür sorgen, dass alles läuft.

Er hat also selbst ein Interesse an wartungsfreundlichem Rollmaterial und kann nicht schon im vierten Jahr davon profitieren, dass man teure Ersatzteile oder gar Beratungsleistungen verkaufen kann. Wenn das mit der Instandhaltung gar nicht klappt, fragen wir doch mal beim Hersteller nach und die schicken dann ihre Leute auch gerne vorbei – für hundert Euro die Stunde oder mehr.

Man sieht es auch daran, dass zahlreiche Verkehrsunternehmen, die selbst Rollmaterial anschaffen, direkt mit dem Hersteller Verträge über Ersatzteillieferungen oder gar Instandhaltungen machen, oft auch unter Einbeziehung der Mitarbeiter der Verkehrsunternehmen. So kann man sicher sein, dass die Züge lange funktionieren. Ein Zug, der 2024 in Betrieb genommen wird, wird bis in die 2050er Jahre fahren. Das ist eine ziemliche lange Zeit, auf die man sich hier vorbereiten muss.

Siehe auch: Neue Alstom-Züge für das RE-Kreuz Bremen
Foto: LNVG

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