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Und es geht weiter

02.09.21 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Ich kann nur hoffen, dass sie beide Parteien irgendwann in naher Zukunft in Richtung Einigung bewegen. Wirklich Hoffnung habe ich da aber nicht, nachdem bereits letztes Jahr ein Schlichtungsverfahren gescheitert ist. Überhaupt ist das der erste Streik der GDL bei der DB AG seit dem Jahr 2015. Damals haben sich beide Seiten geeinigt, vor Arbeitsniederlegungen in ein Schlichtungsverfahren einzutreten, um Nachteile für die Fahrgäste zu vermeiden.

Erst nachdem dies gescheitert ist und die Mitglieder der GDL in einer Urabstimmung für Streiks waren, können diese nun theoretisch sogar unbefristet erfolgen. Ob das passiert, ist eine andere Frage. Grundsätzlich gilt: Jeder Streik muss verhältnismäßig sein. Es kann also durchaus sein, dass jemand die Rechtsauffassung vertritt, die Ausstände seien nicht mehr verhältnismäßig und damit rechtswidrig.

Die Zeiten allerdings, in denen der DB-Konzern immer wieder bei allen möglichen Arbeitsgerichten versucht, einstweilige Anordungen zu kriegen, sind vorbei. Dabei würde im Zweifel ein einziges deutsches Arbeitsgericht reichen, das sich mit der Begrüdung, einen Bahnhof im Gerichtsbezirk zu haben, selbst für zuständig erklären und eine solche einstweilige Verfügung erlassen kann. Unter Mehdorn hat man das immer wieder probiert, allerdings hatten derartige Anordnungen nie lange Bestand.

Möglicherweise könnte sich das ändern, wenn die Streiks unbefristet ausgerufen werden, aber das ist derzeit noch nicht in Sicht. Und seien wir ehrlich: Die Auswirkungen sind ja auch die gleichen, wenn die Fahrgäste nicht wissen, ob in der nächsten oder übernächsten Woche gestreikt wird. Dabei geht es gar nicht so sehr um die einzelnen Forderungen, sondern darum, dass die DB AG der EVG ein Zugeständnis gemacht hat: Wenn die GDL einen Tarifvertrag aushandelt, der besser ist als der eigene, kann die EVG ihren vorzeitig kündigen und nachverhandeln.

Wohl wissend, dass die größere der beiden Gewerkschaften das tun wird, will man die GDL dazu bringen, künftig die Tarifabschlüsse der EVG einfach zu übernehmen. Das käme einer faktischen Selbstauflösung gleich und das kann die GDL unter keinen Umständen machen. Entsprechend verhärtet sind die Fronten.

Doch während alle Welt über Streiks spricht, drehen die Wettbewerbsbahnen ihre Runden: Abellio, Netinera, Transdev, Keolis, National Express und wie sie alle heißen. Sie fahren und werden nicht bestreikt. Dort, wo die Marktöffnung weit vorangeschritten ist, kann man gar davon sprechen, dass mehr als nur ein Notfahrplan läuft, dass im Gegenteil, das System Schiene robust funktioniert.

Auch das sind die positiven Auswirkungen der Marktliberalisierung der letzten Jahre und Jahrzehnte. Durch das Abellio-Urteil ist hier Bewegung reingekommen und ein Totalzusammenbruch des Eisenbahnverkehrs ist ausgeschlossen. Das sind die Erfolge des Wettbewerbs und deshalb ist es so wichtig, dass die marktwirtschaftlichen Strukturen auf der Schiene erhalten werden. Damit es immer Rückfallebenengibt und die Schiene jeden Tag etwas besser wird.

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