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Man darf gespannt sein

16.08.21 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es gibt alle möglichen Traktionsarten, die seit Jahrzehnten auf dem Papier existieren, aber nicht in der Realität. Das bedeutet aber auch, dass mit dem Einsatz solcher bislang nur theoretisch funktionierenden Fahrzeuge diverse Risiken einhergehen. Wir wollen nicht so große Strecken unter dem Fahrdraht mit Dieseltraktion fahren? Umgekehrt ist aber der Bau größerer Oberleitungsnetze nicht (so ohne weiteres) möglich?

Da klingt es natürlich gut, wenn man über Fahrzeuge nachdenkt, die auf elektrifizierten Streckenabschnitten normal fahren, gleichzeitig aus der Oberleitung nachladen, um dann auf Abschnitten, die nicht elektrifiziert sind, ihren Fahrstrom aus Akkumulatoren beziehen, also wiederaufladbaren Batterien.

Viele haben so etwas im kleinen zuhause: Für Modellautos, für die Controller der Spielekonsolen und vieles mehr gibt es Akkus und Ladegeräte schon für kleines Geld im Supermarkt. Doch wir reden hier nicht über Spielsachen, sondern über Investitionsgüter, die über mehrere Jahrzehnte zuverlässig im Einsatz bleiben sollen und müssen. Stellen wir uns mal vor, so ein Batteriezug ist nach drei oder fünf Jahren in einem Zustand, in dem die Ladeleistung deutlich nachgelassen hat.

Was passiert denn, wenn die Züge regelmäßig wenige Kilometer nach dem Ende der elektrifizierten Abschnitte liegenbleiben, weil man keinen Saft mehr hat? Zum einen werden sehr schnell die Fahrgäste wegbleiben, zum anderen stellt sich dann die Frage nach der Risikoaufteilung: Soll dann wirklich der Betreiber genauso pönalisiert werden als wäre es ein konventioneller Zug „von der Stange“, der vielleicht wegen Instandhaltungsproblemen liegenbleibt?

Hat der Betreiber überhaupt einen Einfluss auf Probleme dieser Art? Jetzt kann man sich natürlich Gedanken machen, welche Rolle der Hersteller bei der Instandhaltung spielen soll: Sei es als Unterauftragnehmer, also als Beauftragter des Verkehrsunternehmens ohne direktes Vertragsverhältnis mit dem Aufgabenträger oder als gleichberechtigter Hauptauftragnehmer. Beide Wege sind in Deutschland inzwischen an der Tagesordnung, wenn auch nicht immer, so doch immer öfter.

Doch selbst wenn man es als Aufgabenträger vertraglich so gestaltet, dass der Hersteller auf seine Kosten für funktionstüchtige Batterien sorgen muss, so stellt sich doch die Frage, was mit den ausgefallenen Zugkilometern passiert? Wird das Entgelt dafür komplett zurückgehalten? Und was ist, wenn der Hersteller irgendwann in die roten Zahlen läuft, weil die vermeintliche Wundertechnologie doch eher ein unkalkulierbarer Hokuspokus geworden ist?

Interessant wird sein, wie hoch die Resonanz der Bewerber bei entsprechenden Ausschreibungen ist. Sicher kann man davon ausgehen, dass DB Regio immer dabei ist. Wenn es aber keine Konkurrenz gibt, dann zu einem entsprechenden Preis. Und das nicht, weil der Sand in der Wüste teurer ist, sondern weil es erhebliche Risiken über die Jahre und Jahrzehnte gibt, die eingepreist werden müssen. Man darf also auf die auch nähere Zukunft sehr gespannt sein.

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