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Neue E-Busse und Tramzüge für Kassel

26.07.21 (Hessen) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Kassler Verkehrsgesellschaft AG (KVG) wird in den kommenden Jahren einen erheblichen Teil des Bus- wie auch des Tramfuhrparks erneuern. Da die Ausschreibung zukünftiger Busse in elektrischer Traktion erfolgen soll, testet man dieser Tage zahlreiche Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller auf Herz und Nieren im Stadtgebiet.

Von den Offenbacher Verkehrsbetrieben (OVB) fährt aktuell als Leihgabe ein Bus des Herstellers Solaris nach Kassel und wird bis Ende Juli im realen KVG-Linienverkehr fahren: Von voll besetzt bis fast leer, bei freier Fahrt und im Stau, bei Wind und Wetter – unter Realbedingungen eben. Nach dem jetzigen Stand wird mindestens ein weiterer Bus, der Daimler AG, wahrscheinlich im September folgen.

Was für Fahrgäste, die bei den Tests mitfahren können, vor allem eine Attraktion ist, ist für die KVG eine ernste Sache: Das Kasseler Liniennetz ist anspruchsvoll wie bundesweit kaum ein zweites für den E-Busbetrieb. Die Topografie ist sehr hügelig, die Straßenradien sind vielfach eng, Busse fahren im Pulk mit Bahnen, und die Linienbusse der KVG absolvieren bis zu 380 Kilometer am Tag auf den unterschiedlichsten Linien ohne in den Betriebshof zurückzukehren.

Auch wenn die E-Busse inzwischen Marktreife erlangt haben und sich technisch sehr schnell weiterentwickeln, ist es für den dauerhaften Erfolg unverzichtbar, das System zwischen Fahrzeug, Ladeinfrastruktur und Betriebsablauf optimal zu verzahnen und auf jede Stadt anzupassen.

„Städte mit wesentlich einfacheren topografischen und verkehrlichen Bedingungen, die Elektrobusse in ihren Dienst gestellt hatten, mussten bereits ihren Betrieb völlig neu strukturieren“, erklärt KVG-Vorstand Olaf Hornfeck. „Deshalb wollen wir vor der Ausschreibung unserer ersten E-Bus-Tranche möglichst genau wissen, was die Fahrzeuge bei uns leisten können und damit, wo wir sie einsetzen können. Die europaweite Ausschreibung für unsere ersten zwölf Elektrobusse, die noch in diesem Herbst auf den Weg gebracht werden soll, kann dann deutlich zielgerichteter erfolgen als ohne solche Tests.“

Ein Knackpunkt bei der Planung eines Betriebes mit E-Bussen ist die Planung der Lade-Infrastruktur. Fest steht, dass die künftige E-Busflotte der KVG nachts im Betriebshof Sandershäuser Straße geladen werden soll. Die Frage ist aber: Sind auch Ladepunkte im Liniennetz notwendig und wenn ja, wo genau? Hier schließt sich der Kreis: Um zu wissen, was heutige E-Busse unter den aktuellen Kassel-Bedingungen leisten können, muss die KVG diese Busse umfassend testen, denn davon hängt ab, wie die KVG diese Fahrzeuge konkret einsetzen kann.

Gerade aufgrund der komplexen Planung der Lade-Infrastruktur werden die ersten E-Busse voraussichtlich erst im Jahr 2023 durch Kassel rollen. Die Beschaffung dieser Fahrzeuge ist für die KVG der Einstieg in eine völlig neue Busgeneration, die neben den nationalen auch die EU-Klimaschutzvorgaben (Stichwort: Clean Vehicle Directive) erfüllt. Diese gibt vor, dass ab 2. August 2021 bis Ende 2024 45 Prozent der neu in den Betrieb genommenen ÖPNV-Busse emissionsarm oder emissionsfrei sein müssen.

Parallel dazu werden auch bis zu vierzig neue Triebzüge für das Tramnetz angeschafft. Der Aufsichtsrat hat rund 130 Millionen Euro bewilligt. Die Kasseler Verkehrs-Gesellschaft AG (KVG) steht vor der größten Fahrzeuginvestition ihrer Geschichte: Ihr Aufsichtsrat hat „grünes Licht“ gegeben für die Beschaffung von bis zu 40 neuen Niederflurstraßenbahnen mit einem Investitionsvolumen von etwa 130 Millionen Euro.

„Mit diesem Beschluss stellen wir weitere Weichen für eine nachhaltige und klimafreundliche Entwicklung des ÖPNV in Kassel“, sagt Christian Geselle (SPD), Oberbürgermeister der Stadt Kassel und Aufsichtsratsvorsitzender der KVG. Die Beschaffung soll als europaweite Ausschreibung von zunächst 22 Triebwagen plus zwei Optionen für weitere Fahrzeuge erfolgen. Bestellt werden können demnach die ersten 22 Straßenbahnen noch im laufenden Jahr. Mit der Bestellung der weiteren acht Bahnen, in der ersten Option, ist im Jahr 2024 zu rechnen.

Wiederum zwei Jahre später kann die zweite Option für nochmals zehn Bahnen eingelöst werden. Von der Anlieferung des ersten Prototyps bis zum Fahrgastbetrieb dauert es etwa sechs Monate. In dieser Phase werden die Fahrzeuge auf einwandfreie Funktionalität geprüft und die notwendigen Systemtest zur Zulassung vorgenommen. Die abzulösenden Triebzüge wurden ab 1986 angeschafft und haben das Ende ihrer wirtschaftlichen und technischen Lebensdauer erreicht.

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