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Bodenständigkeit statt Traumtänzerei

19.07.21 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es gibt fahrzeugseitige Alternativen zur klassischen Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken und diese sind in aller Regel in Dieseltraktion. Alles andere ist ohne zusätzliche Fördergelder schlicht nicht darstellbar. Jetzt kann man natürlich sagen, wir wollen nicht, dass wegen kurzer Abschnitte ohne Oberleitung kilometerlang unter dem Fahrdraht gedieselt wird. Das ist in Ordnung und in aller Regel löst sich das Problem, wenn man dann die verbliebenen Abschnitte elektrifiziert.

Wenn der Aufgabenträger das finanziert, haben sich die Kosten in aller Regel bereits in der ersten Vertragsperiode amortisiert. Jetzt kann man natürlich auch Batteriezüge einsetzen, wie es sie auch bei der alten Bundesbahn gelegentlich schon gab. Vor allem solche, und das ist neu, die auf elektrifizierten Abschnitten aus der Oberleitung nachladen können. Warum man im Süden aber verstärkt auf Wasserstofftraktion setzt und mit der Elektrifizierung der Strecken nicht weiterkommt, weiß wohl niemand so genau.

Wasserstoff ist nämlich nicht die Wundertechnologie für die man sie seit einigen Jahren wieder hält. Im Grunde hat sich die Wasserstofftechnologie seit der Explosion der Hindenburg im Mai 1937 bei New York erledigt. Nun will ich nicht behaupten, dass bei Wasserstoffzügen ähnliches passieren kann, aber der Einsatz für vermeintliche Wundertechnologien hat immer wieder zu einem dicken Ende geführt. So kann man Wasserstoff nur sehr schlecht transportieren.

Wir wissen nicht, wie der Wasserstoff in Bayern und Baden-Württemberg an die Tankstellen der Züge kommt. Man kann das Problem immer dann einigermaßen entspannt angehen, wenn man in der Nähe ohnehin eine Wasserstoff-Pipeline hat, die man nur anzapfen muss. Das ist im nördlichen Ruhrgebiet etwa der Fall und da hat sich eines der Hauptprobleme gelöst.

Ansonsten bleiben, wenn man den aufwendigen Transport vermeiden will, nur Speicher- oder Bindungsverfahren, die ihrerseits wieder sehr aufwendig sind und finanziert werden wollen. Genau, was machen wir denn, wenn man sich in einigen Jahren vielleicht entscheidet, Technologien, die sich seit dem späten 19. Jahrhundert nie durchgesetzt haben, doch nicht künstlich weiter am Leben zu erhalten? Sei es, weil die konventionelle Elektrifizierung sinnvoller ist, sei es weil an Dieselzügen auch nicht alles schlecht ist oder aus was auch immer für einem Grund.

Dann bleibt man schlimmstenfalls Jahrzehnten auf den zusätzlichen Kosten für eine aufwendige Ladeinfrastruktur und für die Vorhaltung eines kaum zu transportierenden Gases sitzen. Deshalb, so sehr man die Eisenbahn stärken sollte, so wenig ist doch der Schadstoffausstoß von Dieselzügen ein Problem.

Im Gegenteil: Jeder Autofahrer, der mit einem zuverlässigen Dieseltriebzug zur Arbeit fährt, löst ein Stück des Problems, weil er das Auto stehen lässt. Der Fahrgast will, damit er auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigt, einen attraktiven Taktfahrplan mit sauberen und zuverlässigen Zügen. Die Traktionsart des Zuges ist dem Fahrgast dabei nicht so wichtig. Der will aber pünktlich ans Ziel kommen.

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