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Wegweisend auch noch nach einem Vierteljahrhundert

02.06.21 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Die neue Mitte in Oberhausen ist ein Kind der 1990er Jahre, also man schon wusste, dass die „autogerechten Städte“ nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Auf einem ehemaligen Industriegelände hat man zwar den Anschluss an die A 42, aber öffentliche Verkehrsmittel fahren dort zunächst einmal nicht. Mit dem Umbau einer ehemaligen Werksbahn zur ÖPNV-Trasse zwischen dem Hauptbahnhof und ebenjener neuen Mitte hat man nun eine Verbindung geschaffen, die auch die überregionale Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglicht.

Nicht allein der große Parkplatz ist mehr vorhanden, sondern auch ein Angebot öffentlicher Verkehrsmittel, das es bequem erscheinen lässt, bis zum Hauptbahnhof in der alten Oberhausener Mitte zu fahren und dann zum Einkaufen weiter über die ÖPNV-Trasse: Mit der Straßenbahn oder mit den Bussen. Das ist auch so eine Sache, die in den 1990er Jahren noch neu war: Dass man Straßen mit Tramgleisen hat, die für den Individualverkehr gesperrt sind, wo ausschließlich Busse und Bahnen fahren.

Busspuren wurden gerade im urbanen Raum erst viel später eingeführt. Damals war es noch üblich, dass die Busse an den Ampeln und Kreuzungen mit den Autos im Stau gestanden haben statt über eine Busspur oder eine Ampelvorrangschaltung vorbeifahren zu können. Und wenn man sich dann vergleichbare Einkaufszentren anguckt, dann sieht man das Alleinstellungsmerkmal in Oberhausen: Das ist tatsächlich die gute Anbindung an Busse und Bahnen.

Die Haltestelle Neue Mitte Oberhausen hat die Qualität und Leistungsfähigkeit einer Stadtbahnhaltestelle, wird aber problemlos auch von Linienbussen angefahren, die ein Stück weit die ÖPNV-Trasse nutzen und dann ihren ganz normalen Linienweg zur Feinerschließung nutzen. Auch die Kombination von Straßen- und Schienenverkehr war damals neu und kann bis heute als Vorbild für eine gute urbane ÖPNV-Anbindung dienen.

Sehen wir uns doch mal den vergleichbaren, aber rund 35 Jahre älteren Ruhrpark in Bochum an. Dieser liegt auch direkt an der Autobahn, er hat unmittelbare Anschlüsse an die A 40 und an die A 43. Bis heute aber kann man dort weitgehend nur mit dem Auto hin. Es gibt zwar einige Linien der Bogestra AG, die den Ruhrpark regelmäßig anbinden, aber mit den normalen Umständen, die man halt im Stadtbusverkehr hat: Es geht oft durch kleine Straßen, es müssen noch Wohngebiete mitgenommen werden und am Ende ist man doch sehr lange unterwegs.

Mal eben mit dem Bus in den Ruhrpark ist für viele Bochumer längst nicht so leicht wie ein Besuch der neuen Mitte Oberhausen mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Ruhrpark stammt aus der jungen Bundesrepublik, als die Massenmotorisierung gerade Fahrt aufnahm. Zwar gibt es schon lange Planungen, den Ruhrpark direkt an die Bochumer Straßenbahn anzuschließen, doch diese sind bislang nie über ein theoretisches Stadium hinausgekommen. Die Trasse in Oberhausen zeigt daher, wie wichtig öffentliche Verkehrsmittel sind – aber auch, dass dieser guter Planung und Ideen bedürfen.

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