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Pönalisierungen auch gegen Infrastrukturbetreiber

10.06.21 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Kontrollmechanismen im bestellten Regionalverkehr haben sich bewährt: Selbstverständlich kosten Schlechtleistungen den Schlechtleister viel Geld und im allerschlimmsten Fall kann ein Verkehrsvertrag sogar vorzeitig gekündigt werden. Es kommt aber niemand mehr auf die Idee zu behaupten, dass die finanziellen Folgen von Pönalen zu weiteren Schlechtleistungen führen würden. Das war vor 15 oder zwanzig Jahren sicher noch anders.

Inzwischen ist die Eisenbahnbranche so weit gekommen, dass niemand mehr ernsthaft behaupten würde, dass man Schlechtleistungen mit noch mehr Geld kompensieren soll. Frei nach einer unreflektierten Anwendung der Pferdeäpfeltheorie wird immer mehr Geld irgendwann schon dafür sorgen, dass die Leistung stimmt. Und wenn es nicht klappt, dann muss der Geldzufluss weiter erhöht werden. Längst ist man im Verkehrsbereich davon weg.

Im Infrastruktursektor ist das nach wie vor anders. Wie verhalte ich mich denn als Aufgabenträger, wenn Rolltreppen oder Aufzüge über Monate kaputt sind? Die Bahnhofsuhr ist vielleicht schon seit zwei Jahren kaputt und keiner kümmert sich, was macht man? Auf bestimmten Streckenabschnitten sind es verlässlich immer die gleichen Bahnübergänge, die nicht funktionieren, immer die gleichen Signale oder Weichen, die gestört sind und Verspätungen verursachen. Gibt es einen Rechtsstand? Nein.

Das heftigste Beispiel war vor einigen Jahren die Müngstener Brücke zwischen Remscheid und Solingen. DB Netz hat die Stahlbogenbrücke solange verlottern und verrosten lassen, bis man ab 2010, natürlich völlig überraschend, eine mehrjährige Vollsperrung hatte. Im Vorfeld hatte der zuständige Aufgabenträger sogar mehrfach gefragt: Wie sieht es aus, der Rostbefall ist sichtbar. Alles wurde abgestritten, DB Netz hat den Aufgabenträger über Jahre dreist belügen können.

Natürlich werden jetzt viele sagen, dass das „unter Mehdorn“ halt so war, aber jetzt sei die DB AG doch lieb und brav geworden und sowas käme nicht mehr vor. Und doch fehlt die Handhabe. Vorschläge, dass man Schlechtleistungen im Infrastrukturbereich genauso pönalisiert wie im Verkehrsbereich liegen seit Jahren auf dem Tisch, werden aber an den entscheidenden Stellen blockiert.

Wenn ein Zug zwanzig Minuten vor einer kaputten Weiche steht und mit Verspätung am Ziel ankommt, dann muss das Eisenbahnverkehrsunternehmen Pönale zahlen, obwohl DB Netz für das Problem verantwortlich ist. In neuen Verkehrsverträgen versucht man hier gegenzusteuern, aber es muss auch für das zuständige Eisenbahninfrastrukturunternehmen Folgen haben, wenn die Infrastruktur verfällt und gerade wenn Probleme reproduzierbar sind.

Wenn für jeden Zug, der an einem Bahnsteig mit einer kaputten Rolltreppe abfährt Gelder gekürzt werden, dann hat der Infrastrukturbetreiber einen Anreiz, für eine schnelle Reparatur zu sorgen. Bei einem hohen Eskalationsgrad muss es zudem die Möglichkeit einer Ersatzvornahme durch den Aufgabenträger geben. Auf Einsicht zu hoffen reicht manchmal nicht.

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