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Erfolgsmodelle vor Ort schaffen

14.06.21 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Seit zwanzig Jahren gibt die Allianz pro Schiene ihre immer wieder aktualisierte Broschüre „Stadt, Land, Schiene“ heraus, die bundesweit erfolgreiche Eisenbahnprojekte herausstellt. Überall dort, wo man vor Ort gute Arbeit macht, wo engagierte Politiker und Bürger gute Ideen haben und auch die DB AG als Infrastrukturbetreiber mit eingebunden wird, da kann man Erfolge feiern.

Dabei muss die DB Netz AG natürlich nicht zwingend der Betreiber der Infrastruktur sein. Gerade bei Neubauprojekten bietet es sich sehr wohl an, die Infrastruktur kommunal zu betreiben. Wenn die Leistungen dann ausgeschrieben werden, spielt es keine Rolle, wer fährt, ob DB Regio oder ein anderer. Auch ein Betrieb in kommunaler Hand, wie bei der Regiobahn rund um Düsseldorf, ist eine Option, auch wenn der reine Fahrbetrieb hier von Transdev durchgeführt wird.

Aber man sieht na Beispielen wie der euregiobahn oder der Düsseldorfer Regiobahn, dass es erhebliche Fahrgastpotentiale gibt, die man nutzen kann und nutzen sollte, wenn man wirklich den Verkehrsträger Schiene stärken möchte. Das geht auch, wenn man Eisenbahnstrecken erstmals wieder befährt, auf denen bislang nur Güterverkehr stattfindet. Diese Strecken sind vielleicht am einfachsten zu reaktivieren, weil sie gar nicht stillgelegt sind.

Hier sind die Aufgabenträger gefordert, aber auch die Kommunen vor Ort. So ist beispielsweise die Verlegung der Linie RB 40 zwischen Witten und Wetter an der Ruhr auf die andere Ruhrseite, wo derzeit nur Güterzüge fahren, an der fehlenden Mitwirkung der Kommunen gescheitert. So hat man die Chance verpasst, Witten-Bommern und Wetter-Wengern wieder an den SPNV anzuschließen. Viele tausend Menschen, die an einer Bahnstrecke leben, haben keinen Zugang zur Eisenbahn, weil keine Personenzüge fahren.

Das ist bedauerlich, weil es zeigt, dass Sonntagsreden zwar immer die Eisenbahn stärken wollen, die praktische Politik ist aber oft noch immer eine andere. Es gab eine Zeit, da konnte man das nicht machen, weil kein Geld da war. Die Aufgabenträger waren nach dem Koch-Steinbrück-Papier selbst notleidend, sie mussten Leistungen abbestellen, waren gezwungen Taktlücken in den Fahrplan zu reißen oder Früh- und Spätzüge zu stornieren.

Das ist jetzt anders, mittlerweile wird jährlich deutlich mehr Geld ins System Schiene gepumpt als dort verausgabt wird. Gerade im Hinblick auf mögliche Sparmaßnahmen in den kommenden Jahren muss man aber davon ausgehen, dass die Politik sich das nicht mehr lange ansehen wird. Geld, das man jetzt nicht für eine bessere Schiene aufwendet, wird in Zukunft womöglich nicht mehr zur Verfügung stehen.

Gleichzeitig haben wir jetzt die Möglichkeit, dass viele Leute in Kurzarbeit sind oder sich aus sonstigen Gründen Sorgen um ihre Arbeitsplatzsicherheit machen. Diese kann man jetzt zu potentiellen Lokomotivführern machen. Wenn in einigen Jahren Konjunkturprogramme laufen kann die Personalakquise deutlich schwieriger werden. Aus diesem Grund sollte man jetzt überlegen, wo man in einem überschaubaren Zeitraum etwas bewegen kann.

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