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Ein guter Hauptbahnhof für eine gute Schiene

31.05.21 (Berlin, Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es war damals sicherlich eine einschneidende Entscheidung, den Bahnhof Zoo vom SPFV abzukoppeln. Dort, wo viele Menschen, die einst aus der alten Bundesrepublik nach West-Berlin gekommen sind, eingereist sind, kann man nur noch durchfahren. Der Bahnhof Friedrichstraße, direkt an der Grenze zwischen Ost und West, ist nur noch ein Regionalbahnhof. Dafür steht, etwas abseitig, der neue Hauptbahnhof als Knotenpunkt.

Und tatsächlich muss man sich fragen, auch heute noch, ab die Entscheidungen so richtig waren und ob es nicht sinnvoll wäre, den einen oder anderen ehemaligen Fernbahnhof wieder anzuschließen. So kann es beispielsweise aus dem Ruhrgebiet kommend deutlich attraktiver sein, in Berlin-Spandau auszusteigen und dem Regionalexpress oder der S-Bahn in die alte City-West zum Bahnhof Zoo zu fahren anstatt erst durch diesen durch und dann vom Hauptbahnhof zurück.

Man hat dadurch, dass die klassischen Alt-Berliner Fernverkehrsbahnhöfe nicht mehr zum Ein- und Aussteigen dienen natürlich mit der Holzhammermethode diesen Hauptbahnhof zum zentralen Knotenpunkt gemacht. Auch heute wage ich zu behaupten, dass das Fahrgastaufkommen sinkt, wenn die Friedrichstraße und der Zoo wieder SPFV-Regelhalte würden.

Manche Bahnhöfe sind nicht unbedingt attraktiv; der Jugendbuch-Klassiker über die Rauschgiftszene am Bahnhof Zoo ist ja erst jüngst wieder neu verfilmt worden. Der Ruf ist also ruiniert, auch wenn sich hier sicherlich einiges zum guten gewandelt hat. Aber es geht nicht um einen gläsernen tollen Hauptbahnhof, der schön anzusehen ist, sondern um eine möglichst zentrale Ankunft. Wer aus Wolfsburg für einen Nachmittag nach Berlin zum Bummeln fährt, der möchte halt zum Kurfürstendamm und nicht in die Gastro- und Eventszene am Hauptbahnhof.

Böse Zungen haben den Berliner Hauptbahnhof ja auch schon einen Einkaufstempel mit Gleisanschluss genannt. Dabei zeigt dieser, welch hohe Aufenthaltsqualität ein neu geplanter Hauptstadtbahnhof bieten kann. Doch die natürlich gewachsenen kommunalen ÖPNV-Anbindungen fehlen. War es daher richtig, sich einen solchen Palast aufzubauen?

In den 1990er Jahren, als die Planungen kurz nach Mauerfall und Einheit an den Start gingen, plante man ein neues Gesamtberlin. Heute wissen wir, dass es mehrere urbane Zentren geben wird. Es gibt nicht „die Berliner Innenstadt“, sondern die verschiedenen Bezirke haben ihre eigenen Einkaufsstraßen und Zentren. So schön der Berliner Hauptbahnhof ist, aber es sieht doch sehr danach aus, als würde man durch zumindest vereinzelte, aber regelmäßige SPFV-Halte an anderen Bahnhöfen den Verkehrsträger Schiene auch in der Bundeshauptstadt weiter stärken können.

Und darum muss es doch gehen: Der Hauptbahnhof ist kein Selbstzweck, kein Denkmal für wen oder was auch immer, sondern er dient einer guten Eisenbahn. Die Menschen sollen gerne mit dem Zug statt mit dem Auto oder dem Inlandsflug nach Berlin kommen. Dazu gehören auch verschiedene Anreiseoptionen.

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