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Der praktische Nutzen der Digitalisierung

27.05.21 (go.Rheinland, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Auslastungsprognose ist ein aktives Stück Digitalisierung öffentlicher Verkehrsmittel und die Idee, wenn sie richtig angewandt wird, ist zukunftsweisend. Dazu gehört, dass die Daten regelmäßig, und das heißt täglich, aktualisiert werden und man sich dann auf Basis der Erfahrungswerte und der Tagesdaten eine neue Prognose errechnen kann. Das macht das Kollege Computer alles im Hintergrund und der Fahrgast guckt nur auf die App und sieht, dass die S 12 in zehn Minuten wohl deutlich voller sein wird als die in einer halben Stunde.

Wer also seine Fahrt verschieben kann, sollte das tun. Dann trinke ich mir noch in Ruhe ein frisch gezapftes Kölsch am Hauptbahnhof, wenn das wieder möglich ist, und schon habe ich aktiv zur Auslastungssteuerung beigetragen. Natürlich gibt es auch Ideen, dass man verschiedene Tarifformen einführt und dass die Nutzung im Berufsverkehr teurer ist. Sowas bildet sich durchaus in Neun-Uhr-Tickets ab, also Zeitkarten, die erst nach der Frühspitze zur Fahrt berechtigen, aber mehr ist dann auch nicht drin.

Denn bei allem Streben nach Tarifgerechtigkeit, so ist es doch nicht minder wichtig, dass auch Transparenz besteht. Der Gelegenheitsfahrer muss verstehen, welchen Fahrschein er kauft. Noch immer gibt es zu viele Leute, die ihr Auto haben und bei der Frage, wieso sie nicht mit dem Zug fahren, ganz überrascht sind: Zugfahren? Ich weiß nicht mal, wie das geht. Hier werden Smartphone-Apps und digitale Zugangsmethoden in Zukunft sicherlich eine Rolle spielen, aber das Ziel müssen die weitere Vereinfachung und der Abbau von Zugangshemmnissen sein.

Nur eine Sache fällt auf: Zwar gibt es die Auslastungsanzeige auch in der App des VRS (es gibt sie auch im DB Navigator), jedoch nur für SPNV-Leistungen. Für den Schienenverkehr, der unter der Regie der Kölner Verkehrsbetriebe oder der Stadtwerke Bonn betrieben werden, gilt das nicht. Von der Aufnahme möglicher Buslinien ganz zu schweigen. Warum nicht? Woran scheitert es, dass auch die Überlandlinie 66 oder die im Kölner Karneval besungene Linie 18 mit einer Auslastungsprognose aufgenommen werden?

Machen die Kommunalmonopolisten nicht mit? Wollen die Stadtverwaltungen ihr eigenes Ding machen und verbittet man sich einmal mehr die Einmischung von außen in die kommunale Selbstverwaltung? Was kann man dagegen machen? Sicher wird der eine oder andere sagen, dass man dann halt den Verkehrsminister zur Hilfe holen muss und dass es nicht sein kann, dass jeder Dorfschulze nach Lust und Laune sich Verbundlösungen verweigern kann.

Das Problem ist aber: Genau das kann man nicht tun. Es ist jetzt die Aufgabe aller Beteiligen in den Kommunen dafür zu sorgen, dass in naher Zukunft auch der kommunale Verkehr in der Auslastungsprognose aufgenommen wird. So wie viele Eisenbahnunternehmen ja bereits vorgerüstet haben und jederzeit die Echtzeitdaten der Busbetriebe am nächsten Bahnhof in die Onboard-Auskunft einspeisen können, wenn diese mal zur Verfügung stehen. Hier sind die Kommunen und ihre Verantwortlichen am Zug.

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