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Wettbewerber: DB-Finanzhilfen nur gegen Auflagen

22.03.21 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Deutsche Bahn AG hat ein Produktivitätsproblem, gegen das die akuten Corona-Probleme verblassen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Universitätsprofessors Thomas Ehrmann von der WWU Münster, das dieser im Auftrag der Verbände mofair e.V. und Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e.V. erstellt und in Berlin vorgestellt hat.

Ehrmann zufolge hält beim Staatsunternehmen das Umsatzwachstum seit langem nicht mehr mit der Kostenentwicklung Schritt. Die DB muss sich entscheiden: Entweder versucht sie, ihre starke Stellung durch eine deutlich effizientere Unternehmensführung zu verteidigen, oder sie muss sich für frisches Geld strengen Auflagen unterwerfen.

Ehrmann: „Aus Steuerzahlersicht ist dabei eine Fremdkapitalfinanzierung der bisher diskutierten Eigenkapitalerhöhung vorzuziehen, die unkontrolliert für alle möglichen Zwecke verwendet werden könnte. Auflagen zur Mittelverwendung und zum Schutz des Wettbewerbs sind so oder so unumgänglich.“

Auslöser der Untersuchung war die Frage der DB-Wettbewerber aus dem Personen- und Güterverkehr, ob eine höhere Verschuldung der staatlichen DB im Vergleich zu der vom Bund versprochenen „Eigenkapitalerhöhung“ besser wäre – und zwar aus der Perspektive der Steuerzahler:innen und der Wettbewerber.

NEE-Vorstandsvorsitzender Ludolf Kerkeling: „Der Gutachter sieht vor allem den Vorteil, dass Fremdkapitalgeber auf eine Rückzahlung und angemessene Verzinsung achten. Anders ausgedrückt: dass der Schuldner das Geld nicht verbrennt. Ehrmann zeichnet nach, wie das DB-Management durch wachsende externe Verschuldung und als wertsteigernd missverstandene „Eigenkapitalzuschüsse“ des Bundes der Öffentlichkeit vorgaukelt, profitabel zu wirtschaften.“

Daran ändere auch nichts, dass die DB vermutlich in Kürze sehr plakativ ein großes Defizit für 2020 ausweise. Kerkeling: „Corona bietet sich ja als Begründung an, das glauben alle. Bitte merken Sie sich die Zahl: die Bundesnetzagentur hat den Umsatzausfall aller Eisenbahnen in Deutschland zusammen auf ‚nur‘ 2,5 Milliarden Euro geschätzt.“

Mofair-Präsident Christian Schreyer fügt hinzu: „Wir fordern ein Ende der schon neun Monate dauernden Hängepartie um die geplante Geldspritze des Bundes an die DB. Den Wettbewerbern geht bei dem Hin und Her zwischen Berlin und Brüssel zwischenzeitlich die finanzielle Puste aus; und die politischen Entscheider drohen die Geduld zu verlieren, in das System Schiene überhaupt etwas zu investieren.“

Ehrmann, der selbst über 17 Jahre und bis zu dessen Auflösung Mitglied des Beirats der Deutschen Bahn AG war, weist nach, dass das Unternehmen seine Ausgaben dauerhaft nicht aus dem Cashflow bestreiten kann. Daher waren und sind weiter neben zusätzlichen Krediten auch regelmäßige Sonderabschreibungen und danach zum Ausgleich Eigenkapitalzuführungen notwendig. In den Folgejahren entsteht kurzfristig der Eindruck eines solide finanzierten Unternehmens.

Über die Jahre haben sich alle wesentlichen Kennzahlen, nach denen sich das – nach eigener Einschätzung „normale“ – Wirtschaftsunternehmen messen lassen muss, deutlich verschlechtert. Beispielsweise ist die Rendite (EBIT/Überschuss zu Umsatz) zwischen 2010 und 2019 von 5,2 auf 3,1 Prozent zurückgegangen. Die DB-Konzernleitung trug durch Diversifikationsprogramme, Investitionsprojekte mit geringen Renditen und problematische Akquisitionen, die der Kapitalmarkt normalerweise nicht tolerieren würde, dazu bei.

Derweil vermied sie ökonomisch notwendige Restrukturierungen im Konzern. Dass die DB sich in den vergangenen Jahren dennoch refinanzieren konnte, lag keineswegs an der wirtschaftlichen Stärke des Unternehmens, sondern allein an ihrer Relevanz für den deutschen Staat. Ehrmann stellt fest, dass bei einer Fremdkapitalfinanzierung „eine zielkonformere Lenkung der Handlungsmöglichkeiten des DB AG Managements erfolgen“ kann und verweist auf „Covenants“, also die Verknüpfung zusätzlicher Schulden mit klaren und nachprüfbaren Vereinbarungen über die konkrete Verwendung der Mittel.

Beihilfen seien zum Schutz des Wettbewerbs ähnlich wie in den Fällen der Commerzbank (2009) und der Lufthansa (2020) durch Auflagen zu begleiten. Übertragen auf die DB müssten dies eine externe Überprüfung der Voraussetzungen der Maßnahmen sein, die Kündigung der Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge sowie die effektive Verhinderung von Dumpingpreisen aller Art zur Schädigung der Wettbewerbsstrukturen.

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