Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Mit guten Leistungen zurück in den Alltag

18.02.21 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Ich wage zu behaupten: Es wird dauerhaft morgendliche Frühspitzen geben, ganz gleich ob mehr Leute von Zuhause aus arbeiten und ob auch Schulen und Universitäten verstärkt auf digitale Lernplattformen zurückgreifen. Jetzt kann man lang und breit diskutieren, was e-Learning eigentlich bedeutet. Kleiner Hinweis: Ein eingescanntes Arbeitsblatt ist es ebenso wenig wie mit der Post verschickte Matheaufgaben. Hier gäbe es deutlich bessere Konzepte für ein modernes Lernen im 21. Jahrhundert.

Schon vor Jahrzehnten wurde die Gleitzeit eingeführt, um die morgendliche Frühspitze zu entlasten, die Heimarbeit ist auch nichts neues und doch blieb es immer dabei. Das wird auch in Zukunft so bleiben: Man muss auch im Jahr 2030 und vermutlich auch im Jahr 2100 noch morgendliche Sonderzüge und Extrabusse fahren lassen, um die Verkehrsmassen zu bewältigen.

Denn selbst wenn beispielsweise weiterführende Schulen den Präsenzunterricht dauerhaft verringern und mehr auf Eigenverantwortlichkeit setzen, wird es immer nur eine Minderheit der Schüler sein, die um 11 Uhr anfangen. Überhaupt soll die Schule ja aufs Leben vorbereiten (ob man für das Leben oder doch für die Schule lernt, kann an dieser Stelle leider nicht geklärt werden) und dazu gehört in einer verstärkt auf Heimarbeit setzenden Arbeitswelt auch, dass Jugendliche bereits früh lernen, in eigenverantwortlichem Zeitmanagement Dinge jenseits des Klassenraums zu erarbeiten.

Es gibt aber noch einen anderen Punkt an der nhi-Studie, der mir ins Auge fällt: Fahrgäste kommen am ehesten zurück auf Busse und Bahnen, wenn sie mit der Qualität des Angebots zufrieden sind. Maßnahmen zur effektiven Steigerung der Nutzerzufriedenheit sorgen dafür, dass diese auch schneller zurückkommen.

Lange Zeit konnte man sich in der Branche darauf verlassen, dass man eine so große Gruppe an Captive-Ridern hatte (früher sprach man von Muss-Fahrgästen), dass es im Grunde völlig egal war, wie unzufrieden die sind: Die haben die ja keine andere Wahl. Entsprechend konnte man ja auch jahrelang mehr oder weniger folgenlos machen, worauf man gerade Lust hatte, die Fahrgastzahlen sind nicht eingebrochen.

Dass der Modal Split auf niedrigem Niveau konstant ist, ist zwar ein Faktum, aber nur die wenigsten Verkehrspolitiker wissen überhaupt, was damit gemeint ist. Die allermeisten lassen sich mit den absoluten Fahrgastzahlen zufriedenstellen. Wenn man dann aber tatsächlich in eine Krise reinläuft, wie aktuell, dann braucht man auf einmal die tatsächlich zufriedenen Fahrgäste, damit diese schneller zurückkehren.

Wir brauchen einen Taktverkehr, der den Namen verdient, aufeinander abgestimmte Anschlüsse und Züge, in denen die Sauberkeit zumindest so ist, dass man sich als Fahrgast nicht ekeln muss. Hier hat man in den letzten Jahrzehnten durch verstärktes Controlling auf Seiten der Aufgabenträger eine Menge erreicht und diesen Weg muss man weitergehen. Und wer als Kommunalmonopolist jahrzehntelang wie ein Gutsherr aufgetreten ist, der kriegt jetzt die Quittung.

Kommentare sind geschlossen.