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Die bedarfsgerechte Finanzierung sicherstellen

11.02.21 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist natürlich erst mal naheliegend, dass die fehlenden Markteinnahmen ein Loch in die Kasse reißen. Wenn der Branchenverband stolz drauf ist, dass man einen Kostendeckungsgrad von über achtzig Prozent hat, dann bedeutet das, dass man auf zumindest mal konstant hohe Fahrgelderträge angewiesen ist. Da aber auch die Kosten steigen, muss man für den Kostendeckungsgrad, auf den man so Stolz ist, die Markteinnahmen weiter steigern: Sei es durch höhere Nutzerzahlen oder sei es durch gestiegene Fahrpreise.

Wenn dann die Fahrgastzahlen einbrechen, dann kommt die Verkehrsbranche in die gleiche Bredouille, die alle anderen auch haben: Friseure, Restaurants, Kneipen, Baumärkte und viele andere Branchen, die von Pandemiemaßnahmen im Zusammenhang mit Covid19 betroffen sind, haben Probleme. Viele der genannten Firmen werden bei einer Freigabe oder Lockerung der Schutzmaßnahmen nicht mehr öffnen.

Sie werden trotz aller Hilfen bankrott sein, sie müssen Insolvenz beantragen oder melden ihr Gewerbe einfach ab. Das wird schwer genug, denn infolge dessen werden die Arbeitslosenzahlen steigen und die Wirtschaftsleistung sinken. Die Prognosen für das laufende und kommende Jahr werden wohl sicher deutlich nach unten korrigiert werden müssen. Und dann trifft das eine staatsfinanzierte Branche wie Busse und Bahnen: Man kann den Bus- und Bahnverkehr nicht einfach einstellen oder massiv verringern, zumindest nicht langfristig.

Denn die Bus- und Bahnbranche ist kein Wirtschaftsbereich im klassischen Sinne. Es fängt damit an, dass der Begriff „Wirtschaft“ sich von „Werte schaffen“ ableitet und genau das wird bei Bussen und Bahnen nicht gemacht. Das ganze ist umgekehrt auch keine Geldverbrennungsmaschine, sondern die ÖPNV- und SPNV-Branche schafft im Auftrag der öffentlichen Hand die Grundlage dafür, dass andere zur Arbeit kommen und damit zum Bruttosozialprodukt beitragen.

Deshalb gibt es Grenzen dessen, welchen Anteil der Einkaufs- oder Produktionskosten man mit Markteinnahmen abdecken kann. Wobei ein Kostendeckungsgrad von achtzig Prozent nicht heißt, dass achtzig Cent von jedem umgesetzten Euro vom Nutzer finanziert werden. Der Endkunde wird branchenüblich Nutzer genannt. Das bedeutet allerdings, dass es Finanzierungssäulen gibt, etwa die Fahrgeldsurrogate für die Schüler- oder Behindertenförderung, die man nicht als staatliche Zuschüsse sieht, obwohl es keine klassischen Markteinnahmen sind.

In jedem Fall kann man aber festhalten, dass der öffentliche Verkehr dauerhaft der Kofinanzierung als gesamtstaatliche Aufgabe braucht. Hierbei muss es zu einer darstellbaren Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden kommen. Doch hier muss man sich auch von Seiten der Be- und Ersteller fragen, welcher Finanzbedarf objektiv da ist und dann muss dieser finanziert werden. Hier ist auch zu berücksichtigen, dass es gerade im SPNV mehrere Milliarden Euro nicht verausgabter Gelder gibt. Immer nur nach mehr Geld zu rufen wäre hier zu einfach.

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