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Der Markt funktioniert

15.02.21 (Kommentar, Niedersachsen, Norddeutschland, Schleswig-Holstein, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Gerade letzte Woche hatten wir mit dem zehnjährigen Jubiläum des Abellio-Urteils einen historischen Meilenstein der deutschen Eisenbahngeschichte begangen, so folgt pünktlich zu den jecken Tagen, die sicherlich auch in Teilen der Eisenbahnbranche begangen werden, die nächste Meldung: Der Wettbewerb funktioniert. Selbst in einem erschwerten Marktumfeld schafft man es in Schleswig-Holstein, drei Betreiber zu finden, die zu marktgerechten Preisen die Leistungen fahren werden.

Natürlich sind marktgerechte Preise heute nicht mehr so zu definieren wie 2008 oder 2011. Dafür haben sich die Umstände zu sehr gewandelt. Heute müssen die Betreiber erhebliche Summen in die Ausbildung der Mitarbeiter investieren. Das was früher anders und es ist noch nicht lange her, da hat sich kein Aufgabenträger dran gestört, wenn für die Ausbildung zum Lokomotivführer eine Fremdfinanzierung notwendig war, etwa durch eine Transfergesellschaft, einen Sozialleistungsträger oder auch das Berufsförderungswerk der Bundeswehr.

Entsprechend sind viele Verkehrsverträge, die jetzt in die roten Zahlen laufen, zu einer Zeit entstanden, als die Aufgabenträger es völlig in Ordnung fanden, wenn die Ausbildungskosten mit 0 Euro im Jahr kalkuliert worden sind. Das ist jetzt anders und das muss natürlich in neuen Verkehrsverträgen abgebildet werden, und zwar bundesweit von Flensburg bis nach Füssen.

Hier muss sichergestellt werden, dass die jetzt abgeschlossenen Verkehrsverträge auch 2028 oder 2034 noch auskömmlich sind. Doch ich bin sicher, dass gute Aufgabenträger für Argumente offen sind, denn sie selbst wollen ja während der Vertragslaufzeiten keine bösen Überraschungen erleben. Hohe Bieterzahlen, wie jetzt in Schleswig-Holstein, sind der Schlüssel zu einer erfolgreichen Vergabe.

Dass dann auch DB Regio eine Ausschreibung gewinnen kann, ist selbstverständlich. Auch wenn die ehemalige Bundesbahn jetzt nicht zum Zuge kam, so ist der verkehrsrote Riese ein wichtiger Akteur im bundesweiten SPNV-Markt, mit dem zu rechnen ist – der aber keine Direktvergaben zu Monopolpreisen mehr akquirieren kann. Auch das Modell der Herstellerwartung scheint kein nordrhein-westfälischer Sonderweg mehr zu sein, sondern dieser scheint sich zu etablieren. Auch wenn jetzt nicht der Aufgabenträger Eigentümer der Züge ist, sondern eine externe Leasinggesellschaft.

Auch solche Planungen werden bereits vor Jahren diskutiert und können unter der Abwägung aller Umstände und der Kalkulation aller Risiken über mehrere Jahrzehnte durchaus sinnvoll erscheinen. Das Modell, bei dem der Betreiber aber seine Züge mitbringen muss, scheint nur noch bei kleineren Netzen lohnenswert zu sein oder bei Fahrzeugen, die man „von der Stange“ kaufen kann.

Den Hersteller über die gesamte Lebensdauer in die Verantwortung zu nehmen, sorgt zudem für wartungsfreundlichere Fahrzeuge. Stadler wird auch 2040 noch funktionierende Züge haben wollen und nicht ab 2025 darauf spekulieren können, Ersatzteile zu verkaufen. So haben wir eine weitere erfolgreiche Eisenbahnvergabe.

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