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Mobilität im ländlichen Raum

11.01.21 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Während Busse und Bahnen im urbanen Raum eine immer größere Bedeutung erlangen, sieht es auf dem Land anders aus: Bahnverbindungen sind zunehmend ausgedünnt, Busverbindungen gibt es bestenfalls sporadisch und ohne eigenes Auto ist es oft schwierig, weiter entfernte Ziele zu erreichen. Schon früh machen Jugendliche ihren Roller-Führerschein, um möglichst schnell unabhängig zu werden, denn Busse und Bahnen spielen im öffentlichen Leben keine Rolle.

Allenfalls Schulbusse fahren und auch diese nur sporadisch – eine Stunde eher Schulschluss heißt oftmals, dass man einfach länger auf ebenjenen Schulbus warten muss. Ideen, wie sich die Mobilität im ländlichen Raum verbessern lässt, gibt es viele: Vom sogenannten „Ride-Sharing“, also der Vermittlung von Fahrten über eine Mitfahrzentrale, über verschiedene Leihfahrzeuge bis hin zur Förderung des öffentlichen Nahverkehrs.

Um diese Ideen im realen Umfeld zu testen, sind im Rahmen des Bundesprogrammes Ländliche Entwicklung insgesamt 41 Projekte ausgewählt worden, die über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert werden. Unter dem Oberbegriff „LandMobil – gemeinsam unterwegs in ländlichen Räumen“ bekommen die ausgewählten Projekte die Möglichkeit, ihre Ideen auf Umsetzbarkeit zu testen.

Mit an Bord ist auch die Universität Kassel – das Fachgebiet Verkehrsplanung und Verkehrssysteme und der Leitung von Professor Carsten Sommer wird, gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Urbanistik, die Einzelprojekte intensiv begleiten und evaluieren. „Die fachliche Begleitung und Evaluation der LandMobil-Projekte dient dazu, sowohl Erkenntnisse zu gewinnen über die Wirkungen der einzelnen Maßnahmen als auch über fördernde und hemmende Faktoren während der Erprobungen“, schildert Melanie Herget, die das Projekt im Fachgebiet betreuen wird.

„Mit Hilfe von Veranstaltungs- und Austauschformaten zwischen den Einzelprojekten wollen wir Synergieeffekte fördern, so dass wir am Ende gemeinsame Empfehlungen für die Politikgestaltung geben können“, erklärt sie weiter. Auftraggeber ist das Kompetenzzentrum Ländliche Entwicklung (KomLE) der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) mit enger Anbindung an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Die Fördermaßnahme „LandMobil“ ist Mitte 2020 gestartet und soll bis Ende 2023 abgeschlossen sein.

Für jedes der Einzelprojekte stehen über den Projektzeitraum bis zu 180.000 Euro zur Verfügung. Für die Begleitforschung der Universität Kassel stehen insgesamt 450.000 Fördermittel zur Verfügung. Ein flexibler Rufbus in Schwaben übernimmt testweise auch Warenlieferungen von regional ansässigen landwirtschaftlichen Betrieben. So werden Direktvermarktung und adressenscharfe Hol- und Bringdienste kombiniert.

An der Bundesautobahn 24 wird ein Pendlerparkplatz im Landkreis Ludwigslust-Parchim zu einem Mobilitätszentrum auf dem Land ausgebaut. Dort werden eine Mitfahrstation in vier Himmelsrichtungen, eine Lade- und Mietstation für Elektromobilität – E-Autos und E-Fahrräder bzw. Pedelecs – sowie eine digitale Infosäule eingerichtet. Die Bewohner der Region können mit einer Mobilitäts-App zusätzlich zu den lokalen Ride-Sharing-Angeboten auch überregionale Mitfahrgelegenheiten nutzen.

Die Beratung der Nutzer in den umliegenden Dörfern übernehmen ehrenamtliche Mobilitätsbeauftragte. Gemeinsam mit der örtlichen Bevölkerung wird in der Thüringer Rhön ein Mobilitätsnetzwerk mit öffentlichen und privaten Partnern entwickelt und getestet. Dabei geht es um die Kombination von ÖPNV und Ride-Sharing-Angeboten. Geplant ist zudem eine länderübergreifende Umstrukturierung des ÖPNV-Netzes, so dass künftig eine Abstimmung der Fahrpläne länderübergreifend erfolgen kann und gemeinsame Tickets, Übergangstarife und neue Mobilitätslösungen in der Grenzregion der Bundesländer Thüringen, Hessen und Bayern geschaffen werden können.

Am Ende sollen Konzepte stehen, die es trotz aller Urbanisierung ermöglichen, auch im ländlichen Raum auf Dauer zumindest ein Grundangebot zu haben, das Menschen ohne eigenes Auto eine Form der Teilhabe ermöglicht. Die Bedingungen werden dabei dauerhaft schwieriger sein als in den Großstädten ist aber dennoch möglich. Hierzu bedarf es dann neben der wissenschaftlichen Teilhabe auch dem Zusammenspiel der Politik und der Verwaltung vor Ort, um tatsächlich erfolgreich zu sein. Und so kann man dann auch in einem schwierigen Umfeld großes auf die Beine stellen.

Siehe auch: Auch den ländlichen Raum beachten

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