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Mehr Best Praxis für die Berliner Messe

28.01.21 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Man darf gespannt sein, wie sich eine digitale Messe entwickeln wird. Natürlich gibt es zahlreiche Online-Konferenzen über alle möglichen Programme und wir können davon ausgehen, dass diese auch über die Dauer der Covid19-Pandemie hinaus zur Anwendung kommen werden. Doch ersetzt das wirklich den persönlichen Kontakt? Möglicherweise möchte sich einer, der in naher Zukunft für die Stadtbahn Chicago Elevated mehrere hundert Rolltreppen ausschreiben muss, im Rahmen einer Messe wie der Innotrans einmal ansehen, was die potentiellen Bieter so im Portfolio haben.

Und da sollte man gerade bei der Berliner einmal gucken, ob die Veranstaltungsorte selbst nicht viel mehr Potential bieten, die ausgestellten Dinge in der Realität zu zeigen. Wenn man mit dem Zug zum Messegelände anreist, und nur die hochrangigsten Eisenbahnfunktionäre werden mit dem Dienstwagen bis ins Messegelände gefahren, dann durchquert man in der Regel eine Unterführung, die nicht nur aussieht wie eine öffentliche Toilette, sondern auch so riecht und entsprechend genutzt wird.

Ekelhafte Aufzüge und dauerkaputte Rolltreppen zeigen den Messebesuchern allenfalls, wie man es nicht macht. Und hier soll man sich jetzt also angucken, welche Dinge man für die eigenen Nahverkehrsbetriebe zu Hause anschafft? Wäre es nicht sinnvoller, sich das als mahnendes Beispiel zu nehmen, wie es nicht werden soll? Gut ist auch, dass man auf dem Messegelände seine Berliner Currywurst oder seinen Kaffee in aller Regel nur mit Euro-Bargeld bezahlen kann.

Die ganze Welt diskutiert über bargeldloses Ticketing, über den Vertrieb im Smartphone oder was auch immer. Doch wenn ein Japaner, US-Amerikaner oder wer auch immer in Berlin ist, muss er sich erst Euro-Bargeld besorgen, bevor er auf dem Messegelände irgendwas kaufen kann. Wieso spricht man nicht mit den Ausstellern, dass man dann auch an der Würstchenbude zeigen kann, wie die Bezahlung mit dem Smartphone funktioniert?

In den meisten Ländern der Welt kommt man inzwischen mit der elektrischen Bezahlung fast überall weiter, dass man sich erst Geld wechseln muss, ist die Ausnahme geworden. In der Schweiz beispielsweise kann man problemlos selbst an einem Kiosk am Bodensee bargeldlos zahlen – zugegeben, einige Kilometer weiter in Konstanz sieht die Welt ganz anders aus.

Die Berliner Messe jedenfalls zeigt sich auch in diesem Bereich rückständig. Gerade jetzt, wo es endlich gelungen ist, den Berliner Flughafen fertigzubauen und viele Gäste wohl über diesen anreisen, kann man auch in anderen Bereichen erwarten, dass die Bundeshauptstadt zu mehr gut sein will als für ein schlechtes Beispiel.

Man sollte also jetzt die Monate des weitgehenden Betriebsstillstands nutzen und sich vorbereiten auf gleich zwei wichtige Branchenmessen des Jahres 2022. Denn wenn die Welt eines Tages nicht mehr auf die Innotrans schaut, sondern in ein anderes Land zur Weltleitmesse, dann haben wir ein Problem. Die letzten Ausgaben jedenfalls waren alles andere als vorbildlich. Auch Berlin braucht mehr Best-Practice.

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