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Die hohe Bieterzahl spricht für sich

18.01.21 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Alle Welt redet nach wie vor von einem Bietermangel und davon, dass der Wettbewerb auf der Schiene weitgehend nicht zukunftsfähig sei und dann gucken wir in den Norden unserer Republik und sehen das Gegenteil. Es klappt nach wie vor sehr gut mit den wettbewerblichen Strukturen auf der Schiene und auch das Modell, nach dem der Aufgabenträger einen direkten Vertrag mit einer Leasinggesellschaft eingeht und nicht selbst Eigentümer der Fahrzeuge wird, lässt sich, so es denn gewollt ist, in die Realität umsetzen.

Damit hat nun nicht der Aufgabenträger und damit die öffentliche Hand das Risiko, das beispielsweise mit Verlusten mehrerer Fahrzeuge durch Unfälle, Wartungsproblemen oder erloschenen Zulassungen einhergeht, sondern die Leasinggesellschaft. Allerdings: So ganz raus aus der Verantwortung ist der Aufgabenträger nie. Man stelle sich einmal vor, ein EVU hat sich selbsttätig Züge für das fiktive Teilnetz Entenhausen angeschafft und der Leasinggeber meldet mitten während der Vertragslaufzeit Insolvenz an.

Solange ein Insolvenzverwalter die Züge im Betrieb lässt, ist das alles in Ordnung, dann gehen die Mietkosten eben an die Insolvenzmasse. Schwieriger indes wird es, wenn die Züge verwertet werden und der Insolvenzverwalter holt sie vom Hof. Oder aber wenn die Zulassung erlischt. Sobald die Züge nicht mehr so fahren können, wie sie sollen, aus egal welchem Grund, hat der Aufgabenträger ebenfalls ein Problem. Er allein ist für die Wahrung gemeinnütziger Interessen, d.h. den Eisenbahnverkehr selbst zuständig.

Doch es ist in Ordnung, wenn man sich dafür entscheidet, externe Investoren zu beauftragen, das ist im Gegenteil bei Vorhaben der öffentlichen Hand außerhalb des Eisenbahnwesens ja auch üblich: Das neue Gewerbezentrum in der Innenstadt, die Schulimmobilie mit einem Mietvertrag auf dreißig Jahre und vieles mehr. Und wenn man dann im Anschluss fünf potentielle Interessenten hat, die die Leistungen fahren und ernsthaft Angebote abgegeben haben, dann war die Vergabe erfolgreich – und zwar schon jetzt.

Natürlich muss man sicherstellen, dass die Angebote auskömmlich finanziert sind, dass es verbindliche Ausbildungsquoten gibt und dass Stellenanzeigen mit Textbausteinen im Stil von „Die Ausbildung ist nur möglich, wenn ein externer Finanzierungsgeber seine Zusage erteilt“ der Vergangenheit angehören. Ich bin mir aber sicher, dass die allermeisten Aufgabenträger aus dem Personalmangel der Gegenwart für die Ausschreibungen der Zukunft gelernt haben.

Das gilt auch für flexible Pönalisierungen bei Zugausfällen: Wenn es mal wieder zu betrieblichem Chaos kommt, weil die Zugsicherung oder die Bahnübergänge im Zuständigkeitsbereich von DB Netz nicht funktionieren, so ist das anders zu behandeln als wenn ein Unternehmen zu wenig Mitarbeiter hat. Wieder anders ist zu reagieren, wenn durch den Hersteller die Züge nicht verfügbar oder verschmutzt sind. Aber eins zeigt sich: Man muss als dem vergangenen Lernen und da ist der Weg in den Wettbewerb der richtige. Es darf kein Zurück zur Staatsmonopolbahn alter Bauart geben.

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