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Den Verbundgedanken stärken

07.01.21 (Baden-Württemberg, Kommentar, Stuttgart) Autor:Stefan Hennigfeld

Baden-Württemberg hat, sogar deutlich mehr als die meisten anderen Bundesländer, einen völlig inakzeptablen Wildwuchs an verschiedenen Verkehrs- und Tarifverbünden. Da ist es kein Wunder, dass der Gelegenheitsnutzer abgeschreckt wird und sich dann doch für das (eigene) Auto entscheidet. Wer soll bei so viele unterschiedlichen Tarifen in einem Bundesland den Durchblick behalten? Und wie sieht es aus, wenn ich dann mit dem Regionalexpress beispielsweise von Offenburg nach Konstanz fahre, aber dort noch mit dem Bus weiter muss?

Hier muss man gegensteuern, sowohl mit den übergeordneten Landestarifen als auch mit der Beschränkung der vorhandenen Verkehrsverbünde. Wenn die kommunalen Gremien sich darauf nicht einigen, muss die grün-schwarze Landesregierung dies per Gesetz machen, so wie man ja auch ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten in den Kommunen die kommunalen Neugliederungen gemacht hat. Die Erweiterung des VVS war da ein richtiger erster Schritt.

Man sehe sich einmal vergleichbar große Verkehrsverbünde in Deutschland an: Der Münchener Verkehrsverbund (MVV) etwa hat in den letzten Jahren mehrere Erweiterungen seines Verbundraumes erlebt. Dabei wurde nicht zwingend das Angebot verbessert, aber es ist deutlich einfacher, auch aus weiter entfernten bajuwarischen Mittelzentren in den Landeshauptstadt hineinzufahren. Das sorgt dafür, dass die Leute ihre Scheu verlieren, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.

Auch der Hamburger Verkehrsverbund (HVV), der 1965 gegründete älteste Verbund Deutschlands, erstreckt sich inzwischen bis weit nach Schleswig-Holstein im Norden und nach Niedersachsen im weniger hohen Norden der Republik. Manch einer wundert sich, dass der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) in Hessen erst in den 1990er Jahren gegründet worden ist, aber tatsächlich löste dieser den wesentlich älteren Frankfurter Verkehrsverbund ab, weil man erkannt hat, wie wichtig auch der überregionale Zulauf auf die bundesweit wichtigen Metropolen ist, zu denen auch Stuttgart ohne Zweifel gehört.

Doch in der Gegenwart reicht es nicht, wenn ein Verkehrsverbund eine reine Tarifgemeinschaft ist. Man muss darüber hinaus auch in den Außenbezirken die multimodalen Angebote stärken: Warum sollte ich nicht mit einem Carsharing-Auto einige Kilometer zum Bahnhof fahren, um dann mit dem Zug nach Stuttgart, Hamburg, München, Berlin oder Köln zu kommen? Das sind Angebote, die flächendeckend möglich sein müssen.

Darüber hinaus muss man aber auch den klassischen ÖPNV weiter stärken. So ist eine bessere Verzahnung zwischen den Aufgabenträgern des SPNV und dem kommunalen Verkehr unerlässlich: Selbstverständlich muss der Busverkehr am Hauptbahnhof auf den dortigen Eisenbahnverkehr ausgerichtet sein, gerade zur Tagesrandlage mit ihrem ausgedünnten Angebot. Das muss ein jeder Verkehrsverbund für sich regeln und zwar indem alle beteiligten Akteure von sich aus an einem Strang ziehen. Hier ist kommunale Eigenverantwortung auf allen Seiten erforderlich und gefragt.

Siehe auch: VVS-Erweiterung ist abgeschlossen

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