Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Staatliche Kontrolle für staatliche Aufgaben

14.12.20 (Europa, Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Vier Staatseisenbahnen, pardon, vier ehemalige Staatseisenbahnen, die zumindest formaljuristisch Akteure wie alle anderen sind, einigen sich gemeinsam mit ihren Verkehrsministern und Regierungen auf ein neues Nachtzugnetz. Das klingt gut und wahrscheinlich hat das, bei angemessener Qualität, wirklich das Potential, die eine oder andere Früh- oder Spätmaschine im Flugverkehr zu ärgern.

Nur, gerade wenn das alles „eigenwirtschaftlich“ läuft, dann hieße das natürlich auch, dass man die Leistungen kurzfristig einstellen kann, wenn sie sich als unwirtschaftlich herausstellen. Wenn es dann heißt „Es lohnt sich nicht, wir fahren nicht mehr“, dann hat erstmal keiner eine Handhabe – so ist das bei eigenwirtschaftlichen Leistungen, die nicht unter politischer Kontrolle stehen.

Und wieso ist es ein Automatismus, dass die DB AG oder andere ehemalige Monopolisten diese Züge fahren? Es gibt, wenn die Einführung dieser Leistungen politisch gewollt ist, überhaupt keinen Grund, diese den Ex-Monopolisten zuzuschieben. Stellen wir uns die üblichen Fragen: Was passiert denn, wenn es Probleme mit Schlechtleistungen, Zugausfällen durch Personalmangel oder sonst was gibt: Wer ist dann zuständig, wer reagiert und wer kann Maßnahmen zur Abhilfe schaffen? Genau, niemand und das obwohl der Bundesverkehrsminister kurz vor dem Bundestagswahljahr 2021 persönlich versucht, diese eigenwirtschaftlichen Leistungen als seinen politischen Erfolg zu verkaufen.

Hier stimmt etwas nicht, so wie ja auch bei der aktuellen Ankündigung von Leistungsausweitungen im Tages-SPFV etwas nicht stimmt. Ja selbst wenn man sich dazu entscheidet, den Fernverkehrsmarkt nicht zu öffnen, sondern das Bundesunternehmen DB Fernverkehr AG damit vollständig zu betrauen, führt an der Einführung eines bundesweit verantwortlichen Aufgabenträgers kein Weg vorbei.

Dieser muss dann Einfluss nehmen, wenn es zu Qualitätsproblemen kommt. Zur Erinnerung: Eine Inhouse-Direktvergabe, die wir bislang nur aus dem kommunalen ÖPNV kennen, darf nur dann erfolgen, wenn der Aufgabenträger das beauftragte Verkehrsunternehmen steuern und kontrollieren kann, wie eine eigene Dienststelle. Dass das in der praktischen Realität häufig nicht der Fall ist, dürfte bekannt sein.

Im Gegenteil: Zumindest gefühlt ist den meisten kommunalen Aufgabenträgern nicht einmal ansatzweise bekannt, welche Zuständigkeiten sie haben. Das rechtfertigt deren Versagen aber nicht und es gibt keinen Grund, die SPFV ebenfalls in einer vertragslosen Situation hängen zu lassen. Ob am Tag oder in der Nacht, das Angebot muss politisch geplant werden.

Natürlich können eigenwirtschaftliche Unternehmen eine Rolle spielen, bei lukrativen Relationen könnte es sogar sein, dass sich Anbieter finden, die bereit sind, für eine Konzession zu bezahlen statt Bestellerentgelte zu kommen. Nur eins muss endlich klar: Es wird nur dann einen flächendeckenden Deutschlandtakt geben, wenn dieser politisch gesteuert ist. Hier gilt der oft als neoliberal geschmähte Satz: Daseinsvorsorge heißt nicht selbst machen.

Siehe auch: Staatsbahnen planen neues Nachtzugnetz

Kommentare sind geschlossen.