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Trotz Corona die Zukunft vorbereiten

26.11.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Einen wirklich ganz entscheidenden Satz sagte der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann: „Corona ändert nichts daran, dass die Zeichen auf Bus und Bahn stehen.“ Nun sei mal dahingestellt, ob es wirklich gelungen ist, nennenswert Fahrgäste vom Auto auf die Schiene zu bringen – zumal man ja nicht nur über die Metropolregionen der Republik sprechen muss, sondern genauso über die ländlichen Räume.

Aber trotz Corona werden die Fahrgastzahlen steigen, die Nachfrage nimmt zu, weil immer mehr Menschen in die Städte einpendeln. Wenn es tatsächlich gelingt, eine hohe Zahl an Arbeitnehmern dau-erhaft in die Heimarbeit zu bringen, dann fällt das Wachstum vielleicht etwas geringer aus und möglicherweise ist das Vorkrisenniveau des Jahres 2019 erst 2025 und nicht schon 2023 erreicht, aber das Verkehrsaufkommen steigt und die öffentlichen Verkehrsmittel wachsen mit.

Jenseits öffentlicher Präsentationen und warmer Worte geht man allerdings in der Branche davon aus, dass die „captive rider“ ohnehin reichen, um das Fahrgastaufkommen steigen zu lassen. Captive Rider, das sind die, die man früher als die vielen A kannt: Arme, Alte, Auszubildende, Arbeitslose, Asylbewerber und viele mehr, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind und deshalb auch mit schlechten und unattraktiven Verbindungen fahren, weil die Alternativen in Form des eigenen Autos fehlen.

Dabei ist es durchaus möglich, gerade bei den Einpendlern aus dem Umland einer Millionenstadt wie Frankfurt, Köln, Berlin, München oder Hamburg, ein gutes ÖV-Angebot zu schaffen, das dann auch Autofahrer zum Umstieg bringt. Gerade die junge Generation ist da deutlich eher bereit – wer die alte Behördenbahn nicht mehr kennt, der hat deutlich weniger Berührungsängste zu öffentlichen Verkehrsmitteln als Leute, die aus ihrer eigenen Jugend Züge kennen, die im Winter zugefrorene Türen hatten und im Sommer nach Schweiß rochen, die zudem gefühlt nach Lust und Laune fuhren.

Die Eisenbahnreform hat hier wirklich große Erfolge gebracht – aber eben erstmal nur auf der Schiene. Auf vielen Relationen, wo es vielleicht auch mal eine Eisenbahnverbindung gegeben haben mag, diese aber der desaströsen Infrastrukturpolitik ebenjener Behördenbahn alter Bauart zum Opfer fiel, kann man so ohne weiteres nichts machen.

Hier kommen dann Expressbusse ins Spiel, die im verlässlichen Takt fahren und deutlich schneller unterwegs sind als ein konventioneller Stadtbus. Es ist auch in Ordnung, solche auf bestimmten Relationen aus den Regionalisierungsgeldern zu finanzieren, solange diese nicht dazu dienen, konventionellen Stadtbusverkehr zu ersetzen.

Dass man auch im RMV solche Pläne hat, ist definitiv zu begrüßen, denn es liegt eine Menge Potential in solchen beschleunigten Verbindungen. Hier ist der Verkehrsverbund gefragt, dies zu organisieren – und dann müssen solche Busse eben auch über die Autobahn fahren und eine angemessene Fahrtzeit zwischen dem Mittelzentrum und der Großstadt gewährleisten. Das sind die Bausteine zu einer erfolgreichen ÖPNV-Politik.

Siehe auch: RMV-Aufsichtsrat stimmt neuem Nahverkehrsplan zu

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