Schneller planen, früher bauen
09.11.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Es gab eine Zeit, da galt die Eisenbahn als Inbegriff für den Fortschritt selbst. Die Schiene hat das Land miteinander verbunden und der Aufbau des deutschlandweiten Netzes war innerhalb weniger Jahre abgeschlossen. Und erst mit der Eisenbahn hat man sich auf Zeitzonen einigen können, wie wir sie heute haben. Als die Menschen noch mit der Pferdekutsche gereist sind, wurde die wahre Ortszeit stets frisch bestimmt, oftmals anhand des Sonnenstandes.
Die Eisenbahn hat in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts somit endgültig das Mittelalter beendet und die Neuzeit eingeläutet. Dieser Pioniergeist könnte die Schiene bis heute auszeichnen, denn es ist die Eisenbahn, die Mobilitätsverfügbarkeit sichert und gerade auch denen, die kein Auto haben, die Möglichkeit gibt, weiter entfernte Ziele zu erreichen. Nun hat man im 21. Jahrhundert, inzwischen 185 Jahre nachdem zwischen Nürnberg und Fürth die erste Eisenbahn in Deutschland gerollt ist, deutlich höhere Ansprüche.
Die Züge fahren im engen Takt, sie fahren von morgens früh bis abends spät und das Netz ist wohl dichter befahren als je zuvor. Der Taktverkehr ist heute keine Neuerung mehr wie er das mit SPFV bei der alten Bundesbahn in der Bonner Republik noch war, sondern eine Selbstverständlichkeit. Er dient dazu, der beständigen Verfügbarkeit des (eigenen) Autos etwas entgegenzusetzen. Hierfür reicht die Infrastruktur oftmals nicht mehr aus, sie muss erweitert werden: Mehr Gleise, mehr Überholmöglichkeiten und Begegnungsstellen, mehr Weichen und Signale.
Hier ist es richtig und wichtig, die Planung und auch die Planfeststellung zu erleichtern, damit man schneller und einfacher bauen kann. Das gilt auch im Hinblick auf mögliche Konjunkturprogramme, mit denen man wohl rechnen muss, wenn die Corona-Krise nicht mehr akut ist, sondern die ökonomischen Folgen nachwirken. Es ist davon auszugehen, dass die Bundesregierung – wer auch immer ab nächstem Herbst im Palais Schaumburg sitzen wird – ein umfassendes Konjunkturprogramm startet und davon wird natürlich auch die Schiene profitieren.
Also muss man jetzt die Möglichkeit schaffen, vereinfachte Planungen durchzuführen, um schneller bauen zu können. Denn Geld, das jahrelang abrufbereit liegt, hilft auch bei der kurzfristigen Konjunkturbelebung nicht. Gleichzeitig ist aber auch die Branche selbst gefordert und nicht nur die Politik: Gerade die Infrastrukturunternehmen müssen umfassende Vorratsplanungen ausarbeiten, um im Falle von fließenden öffentlichen Geldern oder kurzfristigem Baurecht etwas in der Schublade zu haben, mit dem man arbeiten kann.
Und da sind so einige Dinge bundesweit in der Pipeline: Die Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken, die Ertüchtigung bestimmter Knotenpunkte im bundesweiten Netz, die besonders wichtig sind oder auch die Verbesserung kommunaler Schieneninfrastrukturen. Hier hat die Schiene nicht nur Potential für ernsthafte Verkehrsverlagerungen, sondern sie kann auch ein wichtiger Konjunkturmotor sein. Und genau darauf muss man sich branchenweit vorbereiten.
Siehe auch: VDV begrüßt Planungsbeschleunigung