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Den Hersteller mit ins Boot holen

30.11.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Die neuen Züge werden auf Jahrzehnte das Kölner Stadtbild prägen – so wie der Dom, die Hohenzollernbrücke und vieles andere. Das rot-weiße Design ist nichts neues, dabei ist eine Umlackierung in den kommenden Jahrzehnten durchaus denkbar, denn niemand weiß, welche Firmenfarben die KVB im Jahr 2035 oder 2040 haben werden. Technisch werden die Züge jedoch bleiben, ganz gleich ob sie dauerhaft rot-weiß bleiben oder – getreu dem Kölner Fußballmotto – spürbar anders werden.

Aber gerade weil diese neuen Züge auf Jahrzehnte im Einsatz sein werden, ist es so wichtig, dass man sicherstellt, auch über Jahrzehnte hinaus eine zuverlässige Einsatzbereitschaft sicherzustellen. Das gilt gerade in Bezug auf mögliche Kinderkrankheiten, aber auch langfristig, wenn Verschleißteile ersetzt werden müssen und die Fahrzeuge älter werden. Hier wäre es wichtig, dass man langfristige Wartungs- oder zumindest Ersatzteillieferverträge abschließt, um den Hersteller mit im Boot zu halten.

Ein Blick in die Nachbarstadt Wuppertal zeigt, was passiert, wenn der Hersteller nach dem Ende einer kurzen Gewährleistungsfrist nur gegen hohe Honorare weiter zur Verfügung steht: Anstatt dass wartungsfreundliche Fahrzeuge entstehen, gibt es großen Ärger und unkalkulierbare Kosten, weil man sich seitens der Hersteller jede einzelne Beratungsleistung teuer bezahlen lässt. Im Grunde ist die Wuppertaler Schwebebahn das Paradebeispiel vor unser aller Augen, was passieren kann, wenn ein kommunales Unternehmen meint, alles selbst zu können.

Jetzt wird sicher das Argument kommen, dass man die aus juristischer Sicht als „Straßenbahn besonderer Bauart“ laufende Wuppertaler Schwebebahn nicht so ohne weiteres mit einer stinknormalen Straßenbahn im urbanen Verkehr vergleichen kann. Ich aber sage Ihnen: Man kann es sehr wohl, nicht umsonst waren die Schwebebahn-Triebzüge der 1970er Jahre eine Menge über weite Strecken baugleich mit in Nürnberg und München eingesetzten U-Bahnfahrzeugen.

So absonderlich ist das ganze dann doch nicht und was passiert denn, wenn es drei oder fünf Jahre nach der Auslieferung größere Probleme mit den neuen Zügen gibt? Natürlich ist das Thema Herstellerwartung immer so eine Sache, aber wenn man ins europäische Ausland guckt, da ist es mitnichten so, dass reihenweise Mechatroniker entlassen und durch Mitarbeiter der Hersteller ersetzt werden oder dass man die Leute zu schlechteren Konditionen womöglich über Leiharbeitsfirmen zurück in die alten Jobs holt, sondern da sind es oftmals nur kaufmännische Aspekte, die eine Rolle spielen mit Angestellten der Verkehrsbetriebe in den Werkstätten.

Niemand möchte, dass die Verkehrsunternehmen eigene Kompetenzen abbauen, aber die Hersteller müssen einen Eigenanreiz haben, wartungsfreundliche Fahrzeuge zu produzieren anstatt auf Dauer Ersatzteile und Beratungsleistungen verkaufen zu können. In den kommenden Jahrzehnten werden wir sehen, ob es in Köln so klappt wie gewünscht. Ich hoffe es für die Kölner sehr.

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