DB AG und GDL: Schlichtung gescheitert
16.11.20 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld
Das zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) eingeleitete Schlichtungsverfahren ist für gescheitert erklärt und abgebrochen worden. Beide Parteien haben sich dennoch beim Schlichter, dem früheren SPD-Bundesvorsitzenden und brandenburgischem Ministerpräsidenten Matthias Platzeck für seinen Einsatz bedankt. Platzeck hatte dabei folgendes Lösungspaket vorgelegt: Lohnerhöhungen um 1,5 Prozent und zusätzlich eine Corona-Sonderprämie in Höhe von 800 Euro bzw. in einzelnen höheren Entgeltgruppen von 600 Euro.
Teil des Pakets sind zudem eine neue Prämie zur Honorierung der Vermittlung von Wissen an Nachwuchskräfte und Quereinsteiger, die Schaffung der Voraussetzungen für vergünstigte Firmen-Job-Tickets, die Einrichtung eines Fonds zur Förderung der Mobilität, sowie Maßnahmen zur Erneuerung der Altersvorsorge.
DB-Personalvorstand Martin Seiler erklärte: „Es ist völlig unverständlich, dass die GDL sich mitten in dieser größten Krise der Verantwortung entzieht und sich einer Lösung verweigert. Mit dem Schlichterspruch wären wir an die Grenze des Machbaren gegangen, denn er enthält auch in schwierigen Zeiten Elemente von Lohnzuwachs und Zukunftssicherung. Die weiter steigenden Corona-Schäden lässt die GDL völlig außer Acht.“
Für den GDL-Bundesvorsitzenden Claus Weselsky ist aber ein anderer Punkt entscheidend: Der Arbeitgeber macht die künftige Anwendung unserer Tarifverträge von der Zustimmung der EVG abhängig. Das aber stellt die Eigenständigkeit der Tarifpartei GDL in Frage und ist für uns unannehmbar.“ Die vom Schlichter zu Recht vorgeschlagene Corona-Beihilfe in Höhe von 800 Euro wurde von der Arbeitgeberseite als richtig bestätigt und sollte zur Zahlung gebracht werden.
„Damit ist bewiesen, dass der Tarifabschluss der EVG Betrug an den Eisenbahnern war“, so Weselsky. Bei aller Wertschätzung der vom Schlichter erzielten Zwischenergebnisse musste die GDL dennoch ablehnen. „Die DB verlangte von uns im Gegenzug ein trilaterales Abkommen mit der EVG, mit dem Ziel, unsere Tarifautonomie für die Zukunft zu eliminieren. Damit wären alle bisher von der GDL und ihren Mitgliedern gemeinsam erreichten Errungenschaften in den Tarifverträgen des Zugpersonals im gesamten Eisenbahnverkehrsmarkt zunichte gemacht.“
Erschwerend kommt hinzu, dass die Entgeltentwicklung der kommenden zwei Jahre hinter der Entwicklung anderer systemrelevanter Berufe wie etwa denen des Öffentlichen Dienstes zurückbleiben soll. Statt zwei Entgelterhöhungen von 1,4 Prozent am 1. April 2021 und weiteren 1,8 Prozent am 1. April 2022 sollen die Eisenbahner nach dem Willen der DB AG in Höhe von einmalig 1,5 Prozent zum 1. Januar 2022 abgespeist werden.
In einem Aushang der GDL wird die konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) darüber hinaus als „Einkommensverringerungsgewerkschaft“ bezeichnet. Aus Sicht der GDL „kurios“ konstruiere die DB AG die Beiträge der Führungskräfte. Die als angebliche Sanierungsbeiträge in Aussicht gestellten Kürzungen der Bonuszahlungen („Sanierungsbeiträge“) bei den Führungskräften bestehen im Wesentlichen darin, dass Boni, die den Führungskräften aufgrund des negativen Finanzergebnisses ohnehin nicht ausgezahlt werden dürften, als Sanierungsbeitrag verkauft werden.
„Dies ist jedoch überhaupt kein Sparbeitrag und schon gar kein „Angebot“ oder „Entgegenkommen“ des Arbeitgebers, sondern folgt unmittelbar aus der Systematik der variablen Vergütung“, schreibt die GDL in einem Aushang. Weselsky: „Das Feigenblatt des Einkommensverzichts der Führungskräfte entpuppt sich demzufolge als weiterer schäbiger Taschenspielertrick.“
Das direkte Personal hat den Verkehr auf der Schiene seit Beginn der Corona-Krise in ganz Deutschland rund um die Uhr pünktlich und zuverlässig aufrechterhalten und ist durch den zweiten Lockdown weiterhin enorm belastet. Dennoch sollen Lokomotivführer, Ausbilder und Trainer, Zugbegleiter und Bordgastronomen sowie Disponenten nach dem Willen der DB die Hauptlast zur Sanierung des Konzerns tragen.
„Währenddessen füllen sich die Taschen in der Plüschetage mit dauerhaftem Kündigungsschutz durch die EVG automatisch munter weiter“, so Weselsky. Auch die unmittelbar nach dem Schlichterspruch folgende Tarifverhandlung endete deshalb ergebnislos. Für die DB AG jedoch stelle die GDL „Forderungen zur Konzernstruktur“, die nicht Gegenstand von Tarifverhandlungen sein könnten. So bleibt es bei einem weiter offenen Tarifkonflikt.
Siehe auch: Das hätte die GDL nicht machen können