Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Wien: Straßenbahn erhält gute Bewertungen

01.10.20 (Österreich) Autor:Stefan Hennigfeld

Das Wiener Straßenbahnnetz ist 220 Kilometer lang, es wird von 400 Fahrzeugen auf 28 Linien befahren. Eine aktuelle Studie des Wiener Standortanwalts in Kooperation mit den Wiener Linien stellt der Straßenbahn ein hervorragendes Zeugnis aus. Neben den ökologischen Aspekten ist es vor allem auch aus wirtschaftlicher Sicht absolut sinnvoll, auf die Bim zu setzen.

Die Wiener Linien erweitern deshalb auch aktuell und in den nächsten Jahren das Straßenbahn-Netz. Inklusive der bereits realisierten Erweiterung der Linie D will die Stadt Wien bis 2029 bis zu 860 Mio. Euro in den Straßenbahn-Ausbau investieren. Der Wiener Standortanwalt hat die positiven volkswirtschaftlichen Effekte dieses Ausbaus berechnet und in einem Bericht zusammengefasst.

So schafft der Ausbau 5.300 Jobs in Wien und 4.300 im Rest von Österreich. Außerdem tragen die Straßenbahn-Projekte mehr als einer Milliarden Euro zusätzlich zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei, 540 Millionen Euro entfallen dabei auf das Wiener Bruttoregionalprodukt.

„Der aktuelle Bericht des Standortanwaltes zeigt nochmals deutlich, dass gerade in diesen so herausfordernden Zeiten Investitionen in den umweltfreundlichen Öffi-Ausbau ein wichtiger Hebel sind um die Konjunktur anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen – und genau das tut Wien sehr intensiv“, sagt Öffi-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ).

Alexander Biach, Standortanwalt in der Wirtschaftskammer Wien unterstreicht den enormen volkswirtschaftlichen Impact: „Es ist das Gebot der Stunde, in den Infrastruktur-Ausbau zu investieren. So sichern wir den Arbeitsmarkt, stützen die heimische Wirtschaft und machen den Standort international wettbewerbsfähiger. Gleichzeitig sind Investitionen in den Öffi-Ausbau auch ein starkes Signal an die ansässigen produzierenden und zuliefernden Betriebe aus der Schienenbranche. Wien hat die einmalige Chance zur Welthauptstadt der Straßenbahnen zu werden, wenn weiter klug investiert wird.“

Straßenbahnen sind bestens geeignet, wenn es darum geht, Stadterweiterungs- und Stadtentwicklungsgebiete für den öffentlichen Verkehr zu erschließen. So stehen beispielsweise die Gebiete Nordbahnhof, Nordwestbahnhof, Seestadt Aspern sowie weitere Projekte ins Wiener Umland im Fokus für die verkehrliche Aufschließung per Straßenbahn.

Mit den elektrisch betriebenen Bims können täglich tausende zusätzliche Fahrgäste umweltfreundlich unterwegs sein und CO2-Emissionen in der Stadt sowie im Umland noch weiter reduziert werden. In eine Bim passen 150 Fahrgäste. Um diese Menschen an ihr Ziel zu bringen, braucht man jedoch ungefähr 125 Autos. Straßenbahnen nutzen außerdem Bremsenergie und speisen bis zu dreißig Prozent der gewonnenen Energie zurück ins Oberleitungsnetz.

Am Weg zur Klimamusterstadt baut Wien den öffentlichen Verkehr weiter aus und setzt dabei verstärkt auch auf den Pendlerverkehr, kommen doch täglich über 260.000 Pendler nach Wien, zwei Drittel davon mit dem Auto. „Hier müssen wir ansetzen und arbeiten daher an Stadt-Umland-Projekten nach Schwechat, Groß-Enzersdorf und Kaltenleutgeben“, so Sima.

Als erstes Stadt-Umland-Projekt wird empfohlen, eine neue Straßenbahnlinie von Simmering nach Schwechat zu führen. Dieses Projekt könnte bereits bis 2023 abgeschlossen werden und eine neue Öffi-Direktverbindung von Rannersdorf und Schwechat West nach Simmering schaffen. Die Linienverlängerung bietet eine Verknüpfung mit Regionalbussen in Schwechat und Umstiegsmöglichkeiten zur S7 in Kaiserebersdorf sowie der U3 und S80 in Simmering.

Ein weiterer Vorschlag wäre die Verlängerung der Linie 25 bis Groß-Enzersdorf. So wäre es möglich, direkt von Groß-Enzersdorf und Essling über den Ortskern Aspern zum Donauspital an der U2 und weiter nach Kagran zur U1 zu gelangen. Der dritte Vorschlag betrifft die Wiener Lokalbahnen, Betreibergesellschaft der Badner Bahn. Sie prüfen in einem weiteren Projekt die Umsetzung einer leistungsfähigen Bahnverbindung von Liesing über Perchtoldsdorf und Waldmühle nach Kaltenleutgeben, um die öffentliche Verkehrsanbindung in diesem Bereich deutlich zu verbessern.

Angestrebt wird eine effiziente Direktanbindung an das hochrangige S-Bahn-Netz im Bahnhof Liesing sowie an die Linie 60 der Wiener Linien in Rodaun. Geplant ist der Betrieb in Form des bereits seit vielen Jahrzehnten auf der Badner Bahn bewährten Tram-Train-Systems mit neuen vollklimatisierten, barrierefreien und elektrisch betriebenen Fahrzeugen wie man sie auch aus Karlsruhe kennt.

Siehe auch: Öffentliche Verkehrsmittel als Wirtschaftsfaktor sehen

Kommentare sind geschlossen.