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Probleme differenziert betrachten

22.10.20 (Bayern, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Wir haben es, um hier noch einmal das Thema vom Anfang der Woche aufzugreifen, aus dem Freistaat Bayern nun schwarz auf weiß: Die Zahl der Zugausfälle, die auf Versäumnisse der Betreiber zurückgehen, sinkt. Ein umfassendes Controlling, Pönale für Schlechtleistungen, regelmäßige Qualitätsberichte wie auch die (wenn auch nur bedingt aussagekräftigen) Vergleiche der Verkehrsunternehmen untereinander zeigen Wirkung.

Die Zeiten, dass Züge nicht fahren, weil Verkehrsunternehmen die Bereitstellung nicht auf die Reihe kriegen, weil man vielleicht auch einfach kein ernsthaftes Interesse hat, sind vorbei. Es gibt keine stark verschmutzten Züge mehr, die auf Desinteresse der Betreiber zurückgehen, sondern man kann mit einem angemessen und ausreichend restriktivem Pönaleregime sehr wohl hohe Leistungen der Verkehrsunternehmen generieren.

Doch das allein reicht nicht. Wenn sich die Bauaktivität im Netz so stark vergrößert, dann muss man hier Lösungen finden, um die Betreiber nicht allein auf den Kosten sitzen zu lassen. Und das aus mehreren Gründen: Zum einen ist der DB-Konzern als integrierte Holding sowohl der neutrale Infrastrukturbetreiber als auch ein Akteur im SPNV-Marktgeschehen.

DB Regio ist ebenso Kunde von DB Netz wie die Bayrische Oberlandbahn, Agilis und viele andere. Es mag ja sein, dass die Baustellen von DB Netz bei DB Regio genauso geplant werden wie bei den anderen Verkehrsunternehmen, allerdings wird die DB AG als Konzern so massiv durch den Bund protegiert, dass sie als einziger Akteur davon ausgehen kann, im Zweifel gestützt zu werden. Das ist mit den jährlichen Kapitalerhöhungen bereits jetzt der Fall.

Es gilt aber zu verhindern, dass man am Ende zu wenig Betreiber hat und wie in alten Zeiten wieder auf die Bundes-Bahn angewiesen ist, die Preise nach eigenem Gutdünken aufrufen kann. Deshalb müssen neue Regelungen her, die (auch in laufenden Verkehrsverträgen) durchaus saftige Strafzahlungen vorsehen, wenn der Betreiber für ein Problem verantwortlich ist, der diesen aber aus der Verantwortung nimmt, wenn Züge wegen des exponentiell gestiegenen Bauaufkommens nicht fahren können.

Und auch das Thema Personalakquise ist ein wichtiges. Erhebliche Lohnsteigerungen waren notwendig, um überhaupt Personal zu finden und werden es weiter sein. In der zweiten Stufe des Wahlmodells haben Lokomotivführer bis zu 42 Urlaubstage, dazu besteht die Möglichkeit, sich Zuschläge ebenfalls als Zeitbonus gutschreiben zu lassen und eben nicht monetär. Um dem hohen Personalbedarf gerecht zu werden, braucht es auch hier in Zukunft eine branchenweite Lösung.

Seit einiger Zeit wird von einer „Kultur der Anerkennung“ gesprochen und genau das braucht die Eisenbahn: Gute Leistungen muss man auch als solche benennen und bei sich verändernden Rahmenbedingungen braucht man gemeinsame Lösungen. Denn vergessen wir eins nicht: Eine starke Schiene kann man nur haben, wenn gute Unternehmen ihre Aufträge erfüllen und die Aufgabenträger wiederum ihren Job gut erledigen.

Siehe auch: BEG legt Zuverlässigkeitsstatistik 2019 vor

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