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Das Interesse der Fahrzeugindustrie

12.10.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Die alternativen Antriebsformen sind natürlich allein durch die hohe Förderungsbereitschaft der öffentlichen Hand für die gesamte Eisenbahnindustrie ein hochattraktives Beschäftigungsfeld. Man kann sich in einen Bereich begeben, in dem der Staat den Geldhahn in den kommenden Jahren vermutlich weiter aufdrehen wird und zwar zusätzlich zu konventionellen Antriebsmethoden.

Dabei sind Wasserstoff- und Batterieantriebe gar nicht so neu, wie es immer wieder behauptet wird. Man hat bereits in den Pioniertagen der Eisenbahn entsprechende Versuche gemacht und am Ende hat sich bei der elektrischen Traktion der Betrieb mit einer Oberleitung durchgesetzt und ohne Oberleitung waren es die Dieselmotoren, die unschlagbar waren. Natürlich kann sich das in Zukunft ändern, auch wenn ich es mir persönlich nicht vorstellen kann.

Was im vorletzten Jahrhundert nicht marktfähig war, kann das in Zukunft womöglich sein. Das spielt aber für die Unternehmen im Moment keine Rolle, denn diese treffen keine politischen Entscheidungen, sondern richten ihre eigene Unternehmenspolitik nach dem aus, was der Gesetzgeber beschließt. Und wenn man jetzt nun einmal im großen Stil die Wasserstofftraktion fördern will und Geld zu verdienen ist, ja warum nicht?

Auch dass man im Hause Siemens jetzt versucht, hier das After-Sales-Geschäft zu erschließen, ist nicht nur verständlich, es ist sogar naheliegend und aus Sicht des Herstellers richtig. Denn gerade bei einer Traktionsart, die zwar nicht neu ist, aber die wegen fehlender Marktfähigkeit über ein Jahrhundert weitgehend brachgelegen hat, können nur die Hersteller das Bindeglied zwischen den verschiedenen Aufgabenträgern, Eisenbahnverkehrsunternehmen und anderen Akteuren sein, die sich hier auf das Testfeld begeben wollen.

Denn wo man mit konventionellen Dieselzügen überhaupt keine Probleme hat und diese einfach von der Stange produzieren kann, ist das mit ungewohnter Technologie etwas ganz anderes. Allen Akteuren fehlt derzeit die Erfahrung und man kann die Wasserstofftechnologie derzeit allenfalls aus einem wissenschaftlichen Interesse heraus begleiten.

Hierfür braucht man aber die Hersteller, so wie es überhaupt sinnvoll erscheint, dass man die Hersteller der Fahrzeuge länger in deren Betrieb einbindet. Natürlich liegt das in deren wirtschaftlichem Interesse, aber bislang waren es immer die Herstellerwartungsmodelle, die für besonders wartungsfreundliche Fahrzeuge gesorgt haben.

Es macht eben doch einen Unterschied, ob ein Hersteller auch nach Jahrzehnten noch auf eine Rechnung dafür sorgen muss, dass sein Zug funktioniert oder ob er dem Betreiber eines drei Jahre alten Zuges Beratungsleistungen und Ersatzteile verkaufen kann, weil dieser mit Problemen nach der relativ kurzen Garantiezeit nicht mehr zurechtkommt. Entsprechend sollte man hier nicht den Fehler machen, einzelne Akteure aus ideologischen Gründen außen vor zu lassen. Wenn man ernsthaft versuchen möchte, Wasserstofftraktion marktfähig zu machen, dann braucht man alle mit am Tisch, die dazugehören.

Siehe auch: Siemens treibt Wasserstoffmobilität voran

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