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Die Oberleitung muss die Regel sein

28.09.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Klare Ansage: Elektrifizierte Strecken müssen die Regel sein und das nicht erst in zwei oder drei Generationen, sondern in einem überschaubaren Zeitraum. Dazu gehört auch, dass man mögliche Konjunkturprogramme, die in den kommenden Jahren anstehen dürften, dazu nutzt, um solche langfristig nutzbaren Werte zu schaffen, von denen auch kommende Generationen noch profitieren werden.

Wenn wir davon ausgehen, dass eine sich im kommenden Jahr neu konstituierende Bundesregierung nicht den Fehler macht und in die Krise hineinspart, wird es wohl öffentliche Investitionsprogramme geben, es wird bereitgestellte Gelder geben, die man anzapfen muss. Natürlich gibt es immer einzelne Strecken, wo man nicht elektrifizieren kann: Die Müngstener Brücke zwischen Remscheid und Solingen beispielsweise war in den 1890er Jahren ein technisches Meisterwerk, kann aber heute keine Oberleitung tragen.

Anderswo hat man Tunnel, die zu schmal sind, um eine Oberleitung zu montieren. Hier braucht man dann alternative Lösungen mit Batteriezügen, die etwa auf elektrifizierten Streckenabschnitten aus der Oberleitung nachladen können und die während der nicht elektrifizierten Abschnitte dann im Batteriebetrieb fahren. Und sowas ist nicht mal neu, schon die alte Bundesbahn hatte Akkutriebzüge auf Nebenstrecken im Einsatz – und ist damit durchaus erfolgreich gefahren.

Man hat das Konzept irgendwann nicht mehr weiterverfolgt, weil Dieseltriebzüge doch als wirtschaftlicher gelten. Und moderne Dieselmotoren sind mitnichten etwas von gestern, sondern wir haben es nach wie vor mit einer Technologie zu tun, mit der wir in Zukunft ein Großteil beispielsweise des Busverkehrs betreiben werden. Auch wenn wir im Moment andere Narrative vom flächendeckenden Umstieg auf Wasserstoff- oder Elektrotraktion erfahren, das wird im Stadtbusverkehr nicht passieren, sondern hier steckt mehr Ideologie als Vernunft hinter.

Noch immer sind konventionelle Dieselbusse auf dem Markt unschlagbar und jeder Bus mit einer vermeintlich alternativen Antriebsart muss zusätzlich subventioniert werden. Zumal diese „neuen Antriebe“ ja ähnlich alt sind wie der Dieselmotor, aber sich halt nicht durchsetzen konnten. Das ist auf der Schiene anders, hier muss man wirksam sicherstellen, dass elektrifizierte Strecken die Regel sind und die jetzige Quote im deutschen Eisenbahnnetz ist da einfach zu niedrig.

Wir brauchen flächendeckend Oberleitungen und sowohl im Personen- noch im Güterverkehr darf es nicht sein, dass ein Zug womöglich mehrere hundert Kilometer unter Fahrdraht dieselt, weil ein Stück der Strecke nicht elektrifiziert ist. Hier ist in der Tat die Politik gefordert: Sowohl im Bund, aber auch die Aufgabenträger vor Ort müssen animiert werden, Elektrifizierungen voranzutreiben.

Es reicht eben manchmal nicht zu warten, bis DB Energie so etwas von selbst macht, sondern auch die Aufgabenträger können mit Fördergeldern aktiv werden. Hier sind wir wieder bei der vielzitierten gesamtstaatlichen Aufgabe: Ihr seid alle zuständig!

Siehe auch: Branche will Elektrifizierung vorantreiben

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