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Es ist doch so verlockend

27.08.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Ist es nicht schön? Da lässt man etwas Schmiermittel fließen und schon lässt die DB AG mit sich reden, dass man den einen oder anderen formal eigenwirtschaftlichen Zug doch im Verbundraum öfter halten lässt, dass doch die Spätverbindung mehr oder Frühverbindung zusätzlich zustande kommt. Gerade aus Sicht der DB AG kann man so einen Aufgabenträger ja auch wunderbar anfüttern: Zwei, drei oder vier Jahre halten die Fernzüge dort, hat man den durchgehenden Takt und dann ist es leider unwirtschaftlich und muss eingestellt werden.

Man kann allerdings eine unbürokratische politische Konsenslösung zum Wohle aller machen, indem der Aufgabenträger einfach Geld reinschießt. Das Problem ist: Zurecht wehren sich andere Eisenbahnverkehrsunternehmen, denn wenn ein Aufgabenträger, wie hier der Nordhessische Verkehrsverbund, Eisenbahnleistungen haben will, dann muss er sich an das Vergaberecht halten. Und seit dem Abellio-Urteil von vor fast zehn Jahren (die Zeit vergeht wie im Schnellzug) gibt es hier nun einmal eine Klärung durch den Bundesgerichtshof, wie in Eisenbahnfragen mit solchen Dingen umzugehen ist.

Wenn also der NWL und der NVV einen durchgehenden Ost-West-Zug wollen – und scheinbar wünschen sich das beide – dann muss man diese Leistungen ausschreiben. Wenn man jetzt noch den VRR und die Verantwortlichen im Freistaat Thüringen mit ins Boot holt, dann kann man sehr schnell sehr gut reagieren und zwar ohne dass man auf das Wohlwollen des DB-Konzerns angewiesen ist.

Das ist überhaupt so eine grundsätzliche Problematik: Wenn DB Fernverkehr sich morgen überlegt, dass man da und da nicht mehr fährt oder an bestimmten Stationen künftig durchfährt, dann kann da zunächst keiner irgendwas machen. Hier fehlt es an politischer Einflussmöglichkeit und die Versuche der DB AG, sich bundesweit immer wieder SPFV-Leistungen aus Regionalisierungsgeldern alimentieren zu lassen, belegen, dass die Eigenwirtschaftlichkeit im Fernverkehr nicht funktioniert, auch hier nicht.

Nun hat es mehrere Versuche gegeben, im Bundesrat dafür zu sorgen, dass der Bund seiner Verantwortung gerecht wird. Der Bund? Genau, in Artikel 87e des Grundgesetzes heißt es, dass der Bund für den Personenverkehr auf der Schiene zuständig ist, soweit es sich nicht um Regionalverkehr handelt. Der Bund ist der Auffassung, dass es nur da ein Verkehrsbedürfnis gäbe, wo das Bundesunternehmen DB Netz bereit ist, eigenwirtschaftlich zu fahren. Einflussnahme auf sein Unternehmen übt der Bund nicht aus und tat das auch in der Vergangenheit nie.

Anstatt also Bettelbriefe zu schreiben und öffentlich anzubieten, dass man Geld zahlt in einer Vertragskonstellation, die sich zumindest in der Vergangenheit als nicht gerichtsfest erwiesen hat, wäre es jetzt Sache der Aufgabenträger, bestimmte langlaufende Eisenbahnleistungen gemeinsam auszuschreiben. Denn man möchte sie ja so oder so bezahlen. Die Länder könnten sich Gedanken machen, ob man den Bund auf Erlass eines SPFV-Gesetzes in Karlsruhe verklagt. All das wäre deutlich besser.

Siehe auch: NVV: Diskussion zum den SPFV-Halt Bebra

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