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#BleibtZuhause oder #BesserWeiter?

03.08.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn man die Welt und die Dinge, die passieren auf kurze Hashtags mit schöner Raute reduziert, dann muss man sich nicht wundern, wenn es immer öfter zu unterkomplexen Themenbetrachtungen kommt und dass unerwünschte Nebenwirkungen entstehen. #BleibtZuhause hieß es Anfang des Jahres und die Menschen haben sich daran gehalten. Das war vernünftig und ist es bis jetzt, denn dass Deutschland so gut durch die Corona-Krise gekommen ist, liegt auch daran, dass viele sich einfach besonders rational verhalten haben.

Aber nicht alle können von Zuhause aus arbeiten und so manch einer hatte in den Zeiten des großen Lockdowns seinen täglichen Arbeitsweg, auch mit öffentlichen Verkehrsmittel. Darum war es richtig, den Verkehr nicht so stark zu reduzieren und entsprechend notwendig ist auch, dass die Politik hier mit Ausgleichsgeldern hilft. Corona hat aber unsere Gesellschaft verändert, wenn auch nicht so nachhaltig, wie manch einer sich das denkt.

Nudeln und Toilettenpapier waren nach ein paar Wochen wieder da. Die Erkenntnis, dass auch in Deutschland die Regale in den Geschäften für mehrere Wochen leer sein können, ist für viele Menschen neu gewesen – auch daraus resultierten Panikkäufe. Doch eins ist noch viel wichtiger: Die Arbeit vom eigenen Wohnzimmer oder dem eigenen Schreibtisch aus.

Schon seit Jahren, Jahrzehnten wird über „das Recht auf Home Office“ diskutiert. Die einen forderten es schon länger, die anderen befürchteten, dass aus der Arbeit von Zuhause aus eine dauerhafte Verfügungsbereitschaft würde. Und jetzt stehen wir hier und stellen fest, dass sich diese Form der Telearbeit, wie man altmodisch sagt, durchsetzen wird.

Die Zahl derer, die einen nicht geringen Teil ihrer Arbeitszeit von Zuhause aus erledigt, wird dauerhaft hoch bleiben. Entsprechend sinkt das Verkehrsaufkommen analog zur Wirtschaftsleistung. Achja: Dieser Tage wurde bekanntgegeben, dass Deutschland in die größte Rezession seit 1945 schlingert.

Überhaupt erstmals in eine große Rezession, denn eine Rezession beginnt erst bei einem negativen Wirtschaftswachstum und nicht bei stagnierender oder noch schwach wachsender Wirtschaftskraft. Aus diesem Grund wird auch, trotz guter Werbekampagnen, die ÖV-Branche in Problemen bleiben. Es wird dauern, bis sich die Fahrgastzahlen wieder an das Vorkrisenniveau annähern.

Mittelfristig wird das natürlich passieren. Deshalb muss man, jenseits einer differenzierten und faktenbasierten Betrachtung der Ansteckungsgefahren in Bussen und Bahnen, auch mit den ökonomischen Auswirkungen beschäftigen. Da hat man jetzt etwas Atempause, denn man kann die Infrastruktur fit für die Zukunft machen ohne dass man kurzfristig immer neue Fahrgastrekorde zu bewältigen hat.

Hier ist die Politik gefordert, denn es wäre fatal, in die Krise hineinzusparen, sondern jetzt muss der Staat investieren: Einerseits, damit langfristige Werte geschaffen werden, andererseits damit kurzfristig Nachfrage generiert werden kann. Und davon können Busse und Bahnen dann richtig profitieren.

Siehe auch: #BesserWeiter: Neue Branchenkampagne startet

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