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Gute Schienen für eine gute Zukunft

20.07.20 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Natürlich kann man Österreich und die Schweiz mit ihren Gebirgslandschaften so ohne weiteres nicht 1:1 auf Deutschland übertragen. Was man aber kann ist feststellen, dass die Investitionen pro Kopf in Deutschland im europäischen Vergleich relativ gering sind. Nun ist es natürlich möglich, dass sich die verschiedenen Töpfe unterschiedlich berechnen, aber wir sehen ja auch im ganz normalen Alltag, dass die Infrastruktur im deutschen Eisenbahnnetz, oder überhaupt im deutschen Verkehrssektor, zunehmend verfällt.

Wenn es zum Teil reproduzierbare Verspätungen gibt, weil bestimmte Bahnübergänge immer wieder und wieder und wieder und wieder Ärger machen, wenn Langsamfahrstellen nicht ausgebessert werden und vieles mehr, dann kann man auch ohne Statistik sehen, dass etwas nicht stimmt. Stichwort Langsamfahrstellen: Sobald die reduzierte Geschwindigkeit in den Regelfahrplan eingearbeitet ist, ist es keine Langsamfahrstelle mehr. Dann ist halt die Streckengeschwindigkeit geringer.

Einer der größten Webfehler schon bei der allerersten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem bundeseigenen DB-Konzern ist die mangelhafte Kontrolle der Infrastrukturqualität. Eigenberichte durch die DB AG reichen nicht aus, sondern es muss eine unabhängige Stelle geben, die sich nach objektiven Maßstäben mit dem Thema auseinandersetzt.

Es ist eben nicht alles in Ordnung, wenn die Regionalbahn zwischen Kleinkleckersdorf und Großklotzenburg fast vierzig Minuten unterwegs ist, während man die gleiche Strecke noch vor zehn oder zwanzig Jahren in einer guten halben Stunde absolvieren konnte. Überhaupt sollte man sich einmal intensiv damit auseinandersetzen, ob es in der Vergangenheit nicht höhere Reisegeschwindigkeiten auf bestimmten Relationen gegeben hat.

Wir sehen also, dass es uns sehr wahrscheinlich nicht gelungen ist, die Infrastrukturqualität auch nur gleichbleibend zu halten. Das nachzuweisen dürfte schwierig sein, zumal die Verantwortlichen genau wissen, wann sie besser keine genauen Daten und Zahlen erheben, weil die Abfrage ebenjener unangenehm sein könnte. Nichtsdestotrotz brauchen wir in der Mitte Europas, im Transitland Nummer 1 nicht nur eine konstant gute, sondern auch eine immer besser werdende Infrastruktur.

Und gerade jetzt, wenn die Konjunktur lahmt und man politisch gegensteuert und investiert, könnte die Schiene besonders profitieren. Viele Firmen können, wenn sie Staatsaufträge für langfristige Infrastrukturinvestitionen erhalten, die Leute einstellen, die an anderer Stelle ihre Jobs verloren haben und ein Konjunkturprogramm wäre kein reines Strohfeuer, sondern es würden langfristig nutzbare Werte entstehen.

Wir müssen in unsere Straßen, Wasserwege und Schienen investieren und jetzt besteht die Möglichkeit dazu. Deshalb ist der Appell an die Finanzpolitiker der kommenden Jahre so wichtig, dass man gerade nicht in die Krise hineinspart, sondern dass antizyklisch investiert wird – und zwar in langfristige Vermögenswerte. Dann können wir uns fit machen für die Zukunft.

Siehe auch: Schwieriger Start ins Jahrzehnt der Schiene

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