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Verbände fordern SPFV-Unterstützung

18.06.20 (Fernverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Im neuen Konjunkturpaket des Bundes sind erhebliche Summen für den öffentlichen Verkehr vorgesehen. Noch nicht enthalten ist jedoch der eigenwirtschaftliche Fernverkehr auf der Schiene. Einige der meist kleinen oder mittelständischen Anbieter von Tages- und Nachtlinienverkehr, von Autoreisezügen und Charterverkehren auf der Schiene haben in den vergangenen Monaten keine Einnahmen mehr gehabt und stehen vor dem wirtschaftlichen Aus.

Allrail, Mofair und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) schilderten Enak Ferlemann (CDU), dem Bahnbeauftragten der Bundesregierung, in einer Videokonferenz die prekäre wirtschaftliche Lage. Sie warben eindringlich für Unterstützung. Sie verwiesen auf Erfahrungen in anderen EU-Staaten, in denen stärkerer Wettbewerb im SPFV fast zu einer Verdopplung der Verkehrsleistung geführt hat.

Mofair-Geschäftsführer Matthias Stoffregen: „Die kleineren Fernverkehrsunternehmen haben sich in den vergangenen Jahren sehr erfreulich entwickelt. Die Corona-Krise darf diese Fortschritte jetzt nicht zunichtemachen, wenn durch sie die Wettbewerber insolvent werden. Wir müssen auch im Fernverkehr viele Blumen blühen lassen, um noch mehr Menschen zu überzeugen, vom Auto oder dem Flugzeug auf den Zug umzusteigen.“

Zur Unterstützung in und nach der Corona-Krise sind verschiedene konkrete Maßnahmen geeignet: Senkung der Trassen- und Stationsentgelte, befristete Streichung von Stornierungsentgelten oder eine Kompensation für entgangene Fahrgeldeinnahmen gehören dazu. Denkbar sind ferner gezielte Impulse für mehr Wettbewerb, um zu vermeiden, dass die durch eine mögliche weitere Eigenkapitalspritze gestärkte Deutsche Bahn perspektivisch den kleineren neuen Anbietern noch weniger Spielraum lässt.

Nick Brooks, Allrail-Generalsekretär, berichtete aus Italien: „Dort werden die Trassenentgelte bis Ende Juni auf zwanzig Prozent des bisherigen Niveaus gesenkt. Für das zweite Halbjahr 2020 werden nur 52 Prozent fällig. Das ist ein echter Anreiz für die Unternehmen, wieder ein größeres Angebot auf die Schiene zu bringen. Auch die Aussetzung von Stornierungsentgelten senkt die Hemmschwelle für die Unternehmen.“

Die Verbände verwiesen auf das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung, das 21. Jahrhundert müsse das „Jahrhundert der Schiene“ werden. Ohne eigenwirtschaftlichen Fernverkehr sei die ökologische Verkehrswende nicht möglich. Die Verkehrsbetriebe seien im Gegensatz zu anderen Unternehmen wirtschaftlich tragfähig gewachsen. Jetzt benötigte Unterstützungen könnten an den Erfolg schnell anknüpfen.

„Sonst wird aus dem Jahrhundert der Schiene ein Jahrzehnt des motorisierten Individualverkehres.“ Martin Henke, Eisenbahn-Geschäftsführer des VDV: „Würden den betroffenen Unternehmen ähnlich wie im Nahverkehr wenigstens ein substanzieller Teil der entgangenen Fahrgeldeinnahmen erstattet werden, würde das die größte Not lindern und neue Chancen für die Zukunft eröffnen.“

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