Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Selbstfahrende Regionalzüge im Test

04.06.20 (Niedersachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Das Bundeswirtschaftsministerium hat Alstom im Zusammenhang mit einem geplanten Testprojekt zur Implementierung des automatischen Zugbetriebs (ATO) im täglichen Fahrgastbetrieb von Regionalzügen mit dem „Innovationspreis Reallabore“ ausgezeichnet. Das Forschungsprojekt startet im Jahr 2021 in Zusammenarbeit mit dem Regionalverband Großraum Braunschweig, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Technischen Universität Berlin (TU Berlin).

Nach Evaluierung der ausgewählten Streckenabschnitte und der für den automatisierten Betrieb erforderlichen Ausrüstung werden die Tests mit der Metronom Eisenbahngesellschaft, einem niedersächsischen Bahnbetreiber, und zwei Coradia Continental-Regionalzügen der Regionalbahnfahrzeuge Großraum Braunschweig GmbH durchgeführt. Alstom ist seit langem weltweit führend bei ATO für U-Bahnsysteme, aber dieser Test wird eine Weltneuheit für regionale Personenzüge sein.

„In der Zukunft werden automatisierte Züge den regionalen Bahnbetrieb optimieren, den Energieverbrauch senken und den Fahrkomfort erhöhen. Damit wird das hochautomatisierte Fahren einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz leisten und zur Entwicklung eines modernen, attraktiven Bahnsystems beitragen. Nach der Entwicklung und erfolgreichen Testphase des weltweit ersten Wasserstoffzuges Coradia iLint ist Alstom mit dem Piloten für Regionalzüge im automatisierten Betrieb erneut der innovative Vorreiter im Schienenverkehr“, sagt Jörg Nikutta, Sprecher der Geschäftsführung von Alstom in Deutschland und Österreich.

Für dieses Projekt werden zwei Züge auf Basis der erfolgreichen Coradia Continental-Plattform von Alstom im Betrieb der Metronom Eisenbahngesellschaft mbH mit einem European Train Control System (ETCS) ausgestattet und erhalten eine zusätzliche Ausrüstung für den automatischen Zugbetrieb (ATO). Diese technische Ausrüstung ermöglicht es dem Regionalzug, automatisch zu fahren und verschiedene Automatisierungsgrade (GoA) zu testen: GoA3 im regulären Fahrgastbetrieb und GoA4 beim Rangieren.

GoA3 beschreibt eine völlig autonome Zugfahrt, jedoch mit einem Begleiter, der im Notfall in den Betrieb eingreifen kann. GoA4 bezeichnet einen unbeaufsichtigten Betrieb ohne Personal an Bord, aber mit der Möglichkeit einer Fernsteuerung. Eine Gratulation zur bundesweiten Auszeichnung mit dem Innovationspreis gab es vom niedersächsischen Wirtschafts- und Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU): „Nach dem erfolgreichen Betrieb des Brennstoffzellenzugs im Elbe-Weser-Dreieck setzt der Alstom-Standort in Salzgitter mit diesem Projekt erneut Maßstäbe für den Nahverkehr von Morgen.“

Althusmann: „Dass wir in Niedersachsen neben dem Testfeld für automatisierte und vernetzte Mobilität auf der Straße nun auch die Erprobung und Weiterentwicklung des automatischen Zugbetriebes vorantreiben können, ist ein entscheidender Schritt für die Zukunft des Personenverkehrs auf der Schiene. Das neue Modellprojekt verspricht einen hohen Grad an Innovation, den wir für klimafreundliche und leistungsfähige Mobilitätsangebote brauchen. Natürlich freut es mich besonders, dass mit Alstom erneut ein Unternehmen aus Niedersachsen unseren Ruf als wichtige Innovationsschmiede unterstreicht.“

„ATO, also Automatic Train Operation, ist eine der spannendsten Herausforderungen im Eisenbahnwesen. Wir haben damit die Möglichkeit, die Betriebsführung der Zukunft zu gestalten und signifikant zu verändern. Aber bis dies der Fall ist, ist noch viel Forschungsarbeit notwendig und ich freue mich sehr, hier mit Alstom zusammenarbeiten zu können“, sagt Prof. Birgit Milius, Leiterin des Fachgebiets Bahnbetrieb und Infrastruktur der TU Berlin. Sie wird im beantragten Projekt unterschiedliche Aspekte unter anderem zu der Einbindung des Menschen in das technische System untersuchen.

Fritz Rössig, Abteilungsleiter für Verkehr beim Regionalverband und Geschäftsführer der Regionalbahnfahrzeuge Großraum Braunschweig GmbH fügt hinzu: „Die künstliche Intelligenz ist eine wichtige Technologie, um den Schienenpersonennahverkehr der Zukunft noch leistungsfähiger, zuverlässiger und wirtschaftlicher gestalten zu können. Der Regionalverband Großraum Braunschweig unterstützt vor diesem Hintergrund dieses innovative Forschungsprojekt und stellt dafür sehr gerne seine ‚ENNO-Fahrzeuge‘ zur Verfügung.“ Auf Basis der jetzt zu sammelnden Erkenntnisse wird die Forschung weitergehen und die Politik den Rechtsrahmen entsprechend setzen.

Siehe auch: Die Eisenbahn bleibt personalintensiv

Kommentare sind geschlossen.