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Richtig so

15.06.20 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist tatsächlich ein historischer Meilenstein, den wir hier erleben: Die Zeiten, in denen es im Regionalverkehr jenseits der Verbünde einen DB-Tarif gibt, also einen Bundesbahn-Tarif (die alte Behördenbahn ist in den Köpfen vieler Menschen noch immer allgegenwärtig), sind endgültig vorbei. Nun wenden nicht mehr Metronom, Abellio, HLB und Co. den DB-Tarif an, sondern einen unternehmensübergreifenden Deutschlandtarif.

Die Eisenbahn wird nicht nur vielfältiger, sie wird auch neutraler. Das Unternehmen, dessen Logo noch immer an den Vorgänger erinnert, ist zwar ein Big Player auf dem Markt und wird es bleiben, jedoch nicht mehr gleichzusetzen mit dem Verkehrsträger Schiene per se. Auch dass sowohl DB Regio als auch der VDV das Projekt befürworten, wäre noch vor einigen Jahren so wohl kaum denkbar gewesen.

Es mag sein, dass man sich hier an eine Bewegung heran hängt, die man zwar lange versucht hat zu stoppen, es aber am Ende nicht geschafft hat. Bei näherer Betrachtung mag das sogar wahrscheinlich sein, denn natürlich hat der DB-Konzern, samt seiner politischen Vorfeldorganisationen sehr lange versucht, so viele Pfründe wie möglich zu verteidigen und noch heute nutzt man die Unwissenheit von Wahlkreispolitikern gerne aus, um sich als „die Bundesbahn“ aufzustellen.

Aber die Entwicklung war am Ende eben doch nicht aufzuhalten. Das zeigt retrospektiv, wie wichtig es war, dass man den Verband Mofair vor einigen Jahren aus dem Dornröschenschlaf geholt hat, um den Wettbewerbsbahnen eine Stimme zu geben. Unvergessen ist eine ziemlich absurde VDV-Veranstaltung kurz nach dem Abellio-Urteil gewesen, als man auf einmal einen angeblichen Beschluss des verbandseigenen Wettbewerbsausschuss präsentieren wollte, in dem angeblich alle Wettbewerbsbahnen eine Gesetzesänderung zugunsten von Direktvergaben an DB Regio haben wollten.

Tatsächlich ist da so ein Papier mal ergebnislos diskutiert worden und plötzlich hat man es auf einer öffentlichen Veranstaltung wieder aus dem Hut gezaubert. Die ganze Nummer war aber so plump, dass es am Ende wohl ausschlaggebend dafür war, dass die Wettbewerbsbahnen gemerkt haben, im VDV zwar nicht falsch zu sein, dass sie sehr wohl aber eine eigene Interessenvertregung brauchen.

Die Wettbewerbsbahnen sind natürlich Teil der Branche, sie sind aber politisch gerade eben nicht die natürlichen Verbündeten des DB-Konzerns. Gleichzeitig hat aber auch DB Regio, gerade wenn es um Konflikte im Bereich Infrastruktur geht, mehr mit den Wettbewerbsbahnen als mit der eigenen Konzernschwester gemeinsam. Und so hat man heute eine multiple Gemengelage, aus der man eine solche Veränderung der Tarifstruktur ziehen kann.

Gleichzeitig hat man aber auch das Thema einer Trennung von Netz und Betrieb vom Tisch. Obwohl dieser DB-Konzern in seiner jetzigen Struktur als Ergebnis einer abgebrochenen Eisenbahnreform zu dem geworden ist, was er heute ist, so ist er doch weitgehend unumstritten. Das ist wohl das Zugeständnis, denn dieser Konzern wird erst mal bleiben.

Siehe auch: Deutschlandtarifverbund GmbH wurde gegründet

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