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Nach Corona geht das Leben weiter

10.06.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn man schon, wie hier die Iserlohner Studie, von einer „Stunde Null“ spricht, dann erinnert das wahrscheinlich auch gar nicht ungewollt an den 8. Mai 1945, als Deutschland in Schutt und Asche lag. Nicht weniger dramatisch waren zwischenzeitlich Forderungen, man möge Jugendliche und junge Erwachsene ein „Notabitur“ machen lassen. Was soll diese Kriegsrhetorik?

Ja, wir erleben den wahrscheinlich schwersten Wirtschaftseinbruch seit der tatsächlichen Stunde Null und wenn man davon ausgeht, dass das Vorkrisenniveau wahrscheinlich erst nach dem Jahr 2021 wieder erreicht wird, so ist das vermutlich auch nicht falsch.

Viele Besprechungen, für die man noch 2019 mal eben von Düsseldorf nach Berlin, von Hamburg nach Frankfurt oder von München nach Dortmund mit Eurowings geflogen oder mit dem ICE gefahren wäre, hat man auf Programme wie Microsoft Teams, Google Hangout und ähnliche verlagert und da werden sie auch bleiben – denn die Erfahrung, dass das sehr gut funktioniert, wird sich über die Corona-Krise hinaus halten.

Doch vergessen wir nicht: Es wird im Jahr 2021 eine europaweit ausgetragene Fußball-Europameisterschaft geben, die vermutlich auch nicht vor leeren Stadien ausgetragen wird. Wir wissen auch nicht, welche Auswirkungen mögliche Konjunkturprogramme auf die wirtschaftlichen Aktivitäten haben werden – womöglich sind diese sehr erfolgreich und die Wirtschaftsleistung steigt schnell wieder an.

Das ist im Moment alles Nebelleuchterei, wir wissen es einfach nicht. Man kann aber ziemlich sicher sagen, dass wir nach der Corona-Krise keine neue oder andere Welt haben werden. Es wird weitergehen wie bisher. Die Menschen werden zur Arbeit müssen, wahrscheinlich geht auch der Trend zur Urbanisierung weiter.

Es wäre meiner Ansicht nach wünschenswert, wenn es wieder mehr Regionalisierung gäbe: Keine großen Schulzentren in den Innenstädten, sondern Schulen auch in den Vororten und Kleinstädten. Unternehmen siedeln sich womöglich nicht mehr nur in Köln, München oder Berlin an, sondern auch in den mittleren Städten im Umland.

Aber was auch immer in diese Richtung passieren mag, es wird keine grundlegenden Veränderungen geben und irgendwann ist das Vorkrisenniveau wieder erreicht. Deshalb kann man die Krise jetzt nutzen, um einmal durchzuatmen und sich Gedanken um künftige Verkehrsplanungen zu machen. Wir müssen uns aber darauf vorbereiten, dass der Trend weiter nach oben geht und entsprechend muss man die Infrastruktur weiter ausbauen – und zwar bei der Straße, wie auch bei der Schiene. Im Moment, und das zeigt uns der Modal Split in Deutschland, ist die Eisenbahn nur ein Nischenprodukt auf dem Verkehrsmarkt.

Das mag regional anders sein, im bundesweiten Durchschnitt ist das aber die richtige Beschreibung. Wenn man das ändern will, dann muss man sich auf vielerlei Ebenen vorbereiten: Mehr Infrastruktur, mehr Züge und mehr Personal. Man kann nicht von jetzt auf gleich Leistungsausweitungen durchführen. Aber man kann und sollte die Voraussetzungen dafür schaffen.

Siehe auch: Neue Studie: Nach der Stunde Null

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