Mofair: Rettungsgelder gerecht vergeben
11.05.20 (Fernverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Angesichts der nun bekannt gewordenen finanziellen Forderungen der Deutschen Bahn AG nach zusätzlichen acht bis zehn Milliarden Euro bis 2024 fordert Mofair, der Verband der Wettbewerbsbahnen, vollständige Transparenz, warum es der Mittel bedarf und wofür genau sie eingesetzt werden sollen: „Wenn es darum geht, dem Schienenwegsbetreiber DB Netz oder dem Bahnhofsbetreiber DB Station&Service krisenbedingte Einnahmenausfälle zu erstatten, ist das richtig und wichtig“, sagt Verbandspräsident Christian Schreyer, und fährt fort: „aber es muss ausgeschlossen werden, dass mit zusätzlichen Steuergeldern die Transportgesellschaften des DB-Konzerns, vor allem DB Fernverkehr, gefördert werden, deren Wettbewerber aber nicht.“
Sonst drohten massive Wettbewerbsverzerrungen. Verkehrsunternehmen im Fernverkehr auf der Schiene (SPFV) müssen ihre Kosten aus Ticketeinnahmen bestreiten. In der Corona-Krise kamen aber keine Fahrgäste mehr, und die Unternehmen hatten angesichts der Stornierungen „negative Fahrgeldeinnahmen“. Daher mussten die SPFV-Wettbewerbsbahnen ihren Betrieb ab dem 20. März einstellen.
Nur so konnten sie Schäden eindämmen und eine Chance erhalten, ihr Angebot nach dem Abklingen der Krise wieder aufzunehmen. Mitarbeiter mussten in Kurzarbeit gehen. Nicht so bei der DB Fernverkehr: Trotz geringster Passagiernachfrage fuhr sie 73 Prozent bzw. 75 Prozent ihres planmäßigen Angebots (gemessen in Sitzplatz- bzw. in Zugkilometern). Und obwohl touristische Reisen nach dringender Empfehlung der Bundesregierung nicht mehr unternommen werden sollten, gewährte sie sogar weiterhin Rabatte wie Sparpreise und Supersparpreise.
Eine verantwortungsvolle Unternehmensführung ist dazu verpflichtet, drohenden Schaden abzuwenden oder zumindest zu minimieren. Dass die Verantwortlichen bei DB Fernverkehr und im Mutterkonzern Deutsche Bahn AG anders entschieden haben, könne zwei Gründe haben. Beide seien beunruhigend: Entweder gibt es eine, vielleicht auch implizite, Absprache zwischen der Bundesregierung und der DB. Danach würde sich der Bund dafür erkenntlich zeigen, dass das Angebot trotz wirtschaftlicher Unsinnigkeit aufrechterhalten blieb.
Es läge eine Art „Auferlegung“ vor. Das zur Leistung verpflichtete Unternehmen würde seine spezifischen Kosten gegen Nachweis erstattet bekommen. Allerdings hätte der Bund dann auch andere Unternehmen am Markt auf diese Weise verpflichten müssen. Schließlich waren und sind die Wettbewerber der DB Fernverkehr ebenso bereit und in der Lage, gegen Erstattung des Aufwands ihr bisheriges Angebot weiter zu fahren.
Personal und Fahrzeuge sind vorhanden. Es käme daher einer Direktvergabe von Eisenbahnleistungen gleich, was seit dem Abellio-Urteil nicht mehr möglich ist. Brisant wäre zudem, dass der Bund hier das Bundesunternehmen DB Fernverkehr beauftragt hätte. Wie es anders, zeigt die Republik Österreich: Sie verpflichtete für ein Angebot im Stundentakt zwischen Wien und Salzburg über eine Notvergabe nicht nur die staatseigenen Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), sondern auch die private WESTbahn.
Oder es geht der Deutschen Bahn AG eher darum, Druck auf die Bundespolitik auszuüben: In einer Krisensituation, da der Staat zu Hilfeleistungen geneigt ist, um die Wirtschaft zu stabilisieren, könnte die DB mit zusätzlichen Mitteln auch manch anderes finanzielle Problem abräumen. Dafür spricht auch die immense Höhe der geltend gemachten Forderungen von acht bis zehn zehn Milliarden Euro.
„Wie auch immer der Sachverhalt tatsächlich ist: DB und Bund müssen transparent und nachvollziehbar machen, wieviel Geld für welche Zwecke benötigt wird. Und wenn es tatsächlich darum gehen soll, Transportunternehmen des DB-Konzerns zu stützen, dann muss gleiches Recht für alle gelten. Es kann nicht sein, dass der Bund seine eigenen Unternehmen bevorzugt“, betonte Christian Schreyer.
„Die Vereinbarkeit der Eigenkapitalerhöhung für die Deutsche Bahn AG aus dem Klimapaket mit europäischem Wettbewerbsrecht ist noch lange nicht geklärt; der Fall liegt noch in Brüssel. Die Wettbewerber werden nicht zögern, auch weitere Unterstützungen für den integrierten Konzern durch die EU-Kommission überprüfen und notfalls stoppen zu lassen. Auch Bundeskartellamt und der Bundesrechnungshof werden sich dafür interessieren. Es muss verhindert werden, dass der Wettbewerb auf der Schiene in der Krise unter die Räder kommt,“ so Schreyer.
Siehe auch: Geld für die Schiene statt für den Konzern