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Für das Leben danach

20.05.20 (Hessen, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es wird ein Leben nach der Corona-Pandemie geben und es wird sich nicht wesentlich von dem aus der Zeit davor unterscheiden. So wie die Eisenbahn seit dem frühen 19. Jahrhundert diverse politische Erschütterungen über zwei Weltkriege und die deutsche Teilung durchgehalten hat, so wird es auch nach Corona eine Normalität geben. Es werden Menschen zur Arbeit fahren, ihre Freizeit gestalten und der Trend zur Urbanisierung wird anhalten.

Immer mehr Menschen wollen nach Frankfurt am Main, aber auch in die umliegenden Mittelstädte ziehen. Entsprechend muss man sich auch mit einer guten Planung öffentlicher Verkehrsmittel vorbereiten. Man kann es fast einen Glücksfall nennen, dass das Fahrgastwachstum nun einige Jahre zurückgeworfen wird und das Niveau des Jahres 2019 wohl erst mittelfristig wieder erreicht wird.

Doch das heißt nicht, dass die Infrastrukturen, die in der Mitte des letzten Jahrhunderts geplant und in den 1970er und 1980er Jahren eröffnet worden sind, noch ausreichen für die Verkehrsbedürfnisse der Zukunft. Im Gegenteil, das ist weder auf der Straße noch auf der Schiene der Fall. Wir brauchen daher mehr Verkehrsleistungen und bei aller verständlichen Kritik an einem vermeintlichen „Höher, Schneller, Weiter“, so ist unsere Gesellschaft nun einmal auf Wachstum ausgelegt – und nur so schaffen wir es, den Wohlstand für alle immer weiter zu vermehren.

Die Menschen werden im Zweifel immer das Auto als Alternative in der Garage haben, wenn Busse und Bahnen es nicht schaffen, sich fit für die kommenden Jahrzehnte zu machen. Was ich mir von den Verantwortlichen jetzt wünsche: Dass man die Wohnungs- und Flächenplanung in den kommenden Jahren mit in die ÖPNV-Planung einbezieht.

Dass man es schafft, möglichst unbürokratisch für mehr Wohnraum zu sorgen und zwar so, wie man es heute braucht: Immer mehr Menschen leben alleine oder in Zwei-Personen-Haushalten, mehrköpfige Familien werden immer seltener. Also muss man sicherstellen, dass der Wohnraum vorhanden ist, aber auch die Anbindung dieses Wohnraums an die Innenstädte. Es können nicht alle in Frankfurt am Stachus leben, sondern natürlich müssen die Menschen einpendeln.

Man braucht daher Regionalexpress-Züge im Sinne beschleunigter S-Bahnen und direkte Verbindungen in neue Wohnbauten. Ja, Städte wie Frankfurt, Köln, München, Hamburg oder Berlin brauchen oft auch das, was man eigentlich als Erinnerungsstück aus der Mottenkiste kennt: Die klassischen Trabantenstädte. Es muss nicht wieder die Betonhölle mit 14 Etagen und eigener U-Bahnstation sein, aber sehr wohl muss man sich zeitgemäße Konzepte für vorhandene Entwicklungen überlegen.

Öffentliche Verkehrsmittel sind ein fester Bestandteil der Lösung und es ist Aufgabe der Politik in der Kommune, im Land und auch im Bund dafür zu sorgen, dass es eine vernünftige Verbindung zwischen Bau- und Verkehrspolitik gibt, denn das eine gehört zwingend mit dem anderen zusammen. So werden wir in Deutschland fit für eine gar nicht so ferne Zukunft nach der Coronakrise.

Siehe auch: Angebotsoffensive im Rhein-Main-Gebiet

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