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Der Hersteller und seine Rolle auf dem Markt

12.03.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn man sich ansieht, wie sehr es bei Stadler läuft, muss man sich schon die Frage stellen, ob die jüngst auch branchenweit diskutierten Probleme eines anderen Herstellers wirklich nur oder zumindest überwiegend durch externe Einflüsse zustandekommen, oder aber, ob bei Stadler etwas gut und richtig läuft, das man an anderer Stelle nicht so gut hinkriegt, wie man es eigentlich können müsste.

Das ist jetzt Spekulation und von außen kann diese Fragen niemand seriös beantworten. Sie zu stellen ist dennoch nicht nur erlaubt, sondern im Sinne einer umfassenden Betrachtungsweise der Situation in der Branche sogar notwendig. Doch ich möchte an dieser Stelle einen anderen Punkt herausgreifen: Schon vor rund zehn Jahren gab es erstmals eine SCI-Studie, die zum dem Ergebnis kam, dass der Geschäftsbereich After-Sales der größte Wachstumsmotor für die Waggonbauindustrie darstellen würde.

Seinerzeit diskutierte man in Deutschland überall über Herstellerwartungsmodelle: Es sollten wartungsfreundlichere Züge entstehen, weil der Hersteller nun über Jahrzehnte selbst für deren Instandhaltung verantwortlich bliebe. Die Möglichkeit, kurz nach dem Ende der Gewährleistungsfrist Ersatzteile verkaufen zu können, fiel statt dessen weg. Doch kann es wirklich gelingen, wenn man dauerhaft zwei verschiedene Akteure hat, die beide ihre eigenen Interessen vertreten, aber dennoch am gleichen Dienstleistungsauftrag arbeiten?

Zumindest, und das zeigen die ersten Erfahrungen ebenso wie der Blick in andere Länder, sind diverse Worst-Case-Szenarien nicht zu erwarten. Nein, man hat keine Züge, die über Monate auf dem Abstellgleis stehen, weil der Hersteller und der Betreiber eine gerichtliche Auseinandersetzung führen.

Dabei geht es aber nicht nur um eine Konstellation, bei der man zwei Hauptauftragnehmer hat, sondern auch solche, in denen die Herstellerwartung durch eine andere Rollenverteilung erfolgt: Das allein beauftragte Eisenbahnverkehrsunternehmen holt den Fahrzeughersteller mit ins Boot und ist diesem gegenüber der Auftraggeber. Man hat also nicht zwei Haupt-, sondern einen Haupt- und einen Unterauftragnehmer.

Für Probleme ist stets der Hauptauftragnehmer verantwortlich und diese müssen im Binnenverhältnis mit dem Unterauftragnehmer geklärt werden. Es zeigt sich aber: Die Organisation der alten Bundesbahn, bei der Instandhaltung und Betrieb stets in einer Hand waren, ist längst nicht mehr die Regel. Dennoch ist es auch für das Verkehrsunternehmen wichtig, dass es zumindest in einigen Verkehrsnetzen selbst bei der Instandhaltung involviert ist.

Nur so kann man erkennen, was der jeweilige Partner da eigentlich so macht. Wichtig ist aber, dass man die Vielfältigkeit in der Eisenbahnbranche als real anerkennt. Die Verkehrsaufträge werden von unterschiedlichen Bestellern verschieden vergeben. Der Eisenbahnmarkt ist so vielfältig wie die dort fahrenden Verkehrsunternehmen. Doch es bleibt das Ziel, am Ende gemeinsam ein gutes Produkt auf die Beine zu stellen. Diesen Idealismus müssen wir uns stets bewahren.

Siehe auch: Stadler legt Jahresabschluss 2019 vor

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