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Den Fortschritt frei entfalten lassen

02.03.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Entgegen anderslautender Gerüchte ist Wasserstoffantrieb keine neue, sondern sogar eine sehr alte Technologie, die es (bislang?) nicht geschafft hat, sich auf dem Markt gegen konventionellen Dieselantrieb durchzusetzen. Im Vergleich zur elektrischen Traktion gibt es einen Vorteil: Man braucht keine Unmengen an zusätzlicher elektrischer Spannung in den Netzen bei gleichzeitiger Abschaltung grundlastfähiger Kraftwerke, die ihrerseits mit fossilen Energieträgern arbeiten.

Und wenn man an der „Wasserstofftankstelle“ eine Pipeline im Boden hat, sodass man diese einfach nur anzapfen muss, ist es auch mit relativ wenig Aufwand möglich, diese zu betreiben. Im nördlichen Ruhrgebiet ist das etwa der Fall. Problematisch wird es, wenn man Wasserstoff mit Tankwagen transportieren muss. Durch die geringe Dichte braucht man hier deutlich mehr Transportvolumen als bei Dieselkraftstoff.

Man kann hier mit einen ebenfalls sehr aufwendigen Ölbindungsverfahren arbeiten, doch insgesamt muss man sich auch an dieser Stelle die Frage gefallen lassen, ob die Marktfähigkeit im Vergleich zu konventionellen Traktionsarten jemals erreicht wird. Warum ist es bislang nicht gelungen? Lag das nur daran, dass man viel zu lange eine ideologische Dieselpolitik gemacht hat und jetzt folgt endlich das große Erwachen? Oder hatte es im 20. Jahrhundert vielleicht gute Gründe, dass sich die Verbrennungsmotoren auf dem Markt durchgesetzt haben?

Wobei: Ich persönlich finde es durchaus richtig, dass die Eisenbahn- und ÖPNV-Branche wissenschaftliche Forschung in der Praxis begleitet. Deutschland ist nun einmal das Land der Tüftler und Erfinder – und die Ideen guter Leute sollte man durchaus in den Betriebsalltag bringen. Warum auch nicht? Vielleicht gelingt ja auch eines Tages der große Durchbruch. Was mich aber stört ist der Irrglaube, dass der Verbrennungsmotor keine Zukunft habe und mit politischen Mitteln zu überwinden wäre.

Es ist nicht Sache der Politik, übermäßig ins Marktgeschehen einzugreifen, im Gegenteil: Planwirtschaft hat noch nie und nirgendwo funktioniert. Und die Fortschritte, die im Bereich konventioneller Verbrennungsmotoren gemacht werden, lassen sich auch nicht mit politischen Mitteln stoppen. Deshalb: Ja zum Fortschritt, aber ergebnisoffen. Die beste Idee ist die, die sich am Ende durchsetzt.

Das Sci in den englischen Worten Sciene (Wissenschaft) und Scissor (Schere) hat den gleichen Ursprung: Man trennt richtige von falschen Annahmen. Dinge, die nicht funktionieren oder aber keine Verbesserung im Vergleich zu vorhandenen Technologien darstellen, müssen zurück ins Labor. Gleichzeitig müssen auch die Dinge, die schon da sind, ständig weiterentwickelt werden, um nicht den Anschluss zu verlieren.

Nur wenn Forschung und Entwicklung frei von politischen Vorgaben sind, können sie das Leben der Menschen verbessern. Deshalb: Unterstützen wir gute Ideen und testen wir, was in der Praxis funktioniert. Hüten wir uns aber vor einem politisch gesteuerten, planwirtschaftlichen Fortschritt, der am Ende keiner ist.

Siehe auch: Zukunftsprojekt Wasserstofftankstelle gestartet

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