BAG-SPNV: Teilnehmerrekord bei Fachtagung
05.03.20 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Letzte Woche hat in Fulda die 20. Fachveranstaltung der BAG-SPNV stattgefunden. Sie erreichte mit über 400 Teilnehmern erneut einen Rekord. Unter dem Thema „SPNV und Klimaziele – Wie die Verkehrswende gelingen kann“ standen Maßnahmen für mehr Qualität im SPNV, die bessere Nutzung der vorhandenen Kapazitäten für mehr Fahrgäste sowie der Einsatz von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen.
In ihrem Einführungsvortrag forderte Susanne Henckel, Präsidentin der BAG-SPNV, eine grundlegende Änderung im System Bahn in Deutschland: „Wir brauchen bis zum Jahresende einen Masterplan für Strukturreformen im deutschen System Bahn. Dabei muss disruptives Denken nicht nur erlaubt, sondern gerade auch gefordert sein.“
Dazu zähle insbesondere eine vom DB-Konzern unabhängige Infrastrukturgesellschaft, eine drastische Absenkung der Trassen- und Stationsentgelte sowie die Einrichtung einer Projektgesellschaft für den Deutschlandtakt und große Infrastrukturprojekte, in denen Kompetenzträger aus der gesamten Branche entscheidend an der Umsetzung mitwirkten.
Bernhard Knierim, Autor mehrerer Bücher zur Verkehrswende, machte deutlich, warum die Klimaziele nur erreicht werden können, wenn die Politik sich auf den öffentlichen Nahverkehr fokussiere. Es gehe darum, Verkehr zu vermeiden, zu verlagern und zu verbessern, damit mehr Menschen die Verkehrsmittel des Umweltverbunds nutzen, also um eine Verkehrsmarktreform.
Wie Verkehrsverträge in Zukunft gestaltet werden sollten, um auch bei langen Laufzeiten eine hohe Qualität des Angebots zu ermöglichen und Fahrgäste dauerhaft für den SPNV zu gewinnen, stand im Fokus der Vorträge von Thomas Dill, Bereichsleiter beim VBB, und Henning Tegner, Geschäftsführer der KCW GmbH, sowie der anschließenden Podiumsdiskussion mit Michael Vulpius, Geschäftsführer der BeNEX GmbH, und Bernhard Wewers, Geschäftsführer der Nah.SH.
Das übereinstimmende Fazit: Verkehrsverträge müssen „atmen“. Verschiedene Mechanismen für Anpassungen und Innovationen, auch während der Vertragslaufzeit, sollten in Zukunft verstärkt angewendet werden. Im zweiten Themenblock wurde vorgestellt, wie trotz Personalmangel und begrenzten Kapazitäten von Fahrzeugen und Infrastruktur kurzfristig mehr Fahrgäste befördert werden können.
Jost Knebel, Geschäftsführer von Netinera, zeigte auf, wie sein Unternehmen dem Lokführermangel begegnet, u.a. indem es in Zusammenarbeit mit der staatlichen Eisenbahnschule in Serbien Arbeitskräfte rekrutiert und ausbildet. Wichtig sei hierbei neben dem Erwerb von Sprachkenntnissen auch insbesondere, dass die Integration in Deutschland gelinge. Am Rande der diesjährigen Fachtagung wurden die Eckpunkte für den Deutschlandtarifverbund vorgestellt.
Die gemeinsame Absichtserklärung zum Deutschlandtarifverbund hat bereits rund 50 Unterzeichner. Zu diesen gehören viele der sogenannten Nichtbundeseigenen Eisenbahnen (NE), die DB Regio AG und Aufgabenträger sowie der Tarifverband der Bundeseigenen und Nichtbundeseigenen Bahnen in Deutschland (TBNE).
„Die branchenweite Unterstützung für diese strategische Zusammenarbeit freut uns sehr“, sagte Jörg Sandvoß, Vorstandsvorsitzender der DB Regio AG, „Es zeigt, dass hier die Signale auf ein gemeinsames und konstruktives Miteinander stehen. Für uns war es wichtig, die Strukturen des heutigen TBNE auf eine neue Basis zu stellen.“
Thomas Prechtl, Geschäftsführer der Bayerischen Eisenbahngesellschaft, betonte: „Es ist das übereinstimmende Ziel der Aufgabenträger und Eisenbahnen, für die Fahrgäste ein attraktives und transparentes Tarifwerk zu entwickeln und zu haben, um den SPNV noch attraktiver zu machen. Dieses Ziel wollen wir jetzt gemeinsam angehen und sehen die Gründung einer Deutschlandtarifgesellschaft als geeignete Plattform.“
Um den Deutschlandtarif voranzubringen, wollen die unterzeichnenden Eisenbahnen und Aufgabenträger Mitte 2020 die Deutschlandtarifverbund GmbH gründen. An dieser können sich alle EVU im SPNV und Aufgabenträger als Gesellschafter beteiligen. In der Gesellschaft soll der Tarif gestaltet und weiterentwickelt sowie unter anderem die Einnahmeaufteilung neu geregelt werden. Der Deutschlandtarif ist die wettbewerbsneutrale Weiterführung des von den Eisenbahnen heute angewendeten Unternehmenstarifes der Deutschen Bahn AG (BB DB) für den Nahverkehr.
Siehe auch: Visionen und grundständige Aufgaben