Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Die Umsatzsteuersenkung weitergeben

27.01.20 (Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Vorweg: Natürlich ist alles, was ich an dieser Stelle sage, pure Spekulation. Da die Preisfindung der DB AG ein streng gehütetes Unternehmensgeheimnis ist, ist die Interpretation stets subjektiv. Es gibt keine Pressemeldung des Konzerns, in der steht, dass auf Marktentwicklung A die unternehmenspolitische Reaktion B folgt. Es kann ganz anders sein und wer glauben möchte, dass die DB AG hier alles aus lauter Idealismus und Eigeninteresse an einer starken Schiene macht, der soll das für sich so sehen.

Ich allerdings merke, dass wir durch den Fernbus und durch zahlreiche langlaufende RE-Verbindungen, die in Ländertickets tarifiert werden können, eine erhebliche Konkurrenz auf klassischen Relationen der Eisenbahn haben. Klassische Eisenbahnrelationen, wie waren die nochmal? Genau, zwischen fünf und zweihundert Kilometern kann die Eisenbahn ihre Stärken als Verkehrsträger am besten ausspielen.

Durch die verschiedenen Hochgeschwindigkeitsverbindungen ist es auf einigen Strecken vielleicht auch darüber hinaus interessant, aber im Großen und Ganzen hat die Schiene auf einer Verbindung wie von Hamburg nach Zürich oder von Mailand nach Düsseldorf im Vergleich zum Flugzeug strukturelle Nachteile. Klar ist es prima, wenn man von Dortmund in dreieinhalb Stunden mit dem ICE in Berlin ist, aber schon von Köln oder Düsseldorf auf verlängert sich die Fahrtzeit im Vergleich zu den ebenfalls fast im Stundentakt verkehrenden Eurowings-Flugzeugen schon erheblich.

Und hier gilt dann ebenso der allseits bekannte Dreiklang zwischen Nachfrage, Angebot und Preis, aber nicht weniger wichtig ist, was die Konkurrenz macht. Denn gerade bei preisaffinen Kunden, also die, die es aus welchen Gründen auch immer, möglichst billig brauchen, hat die Schiene oft ein Problem. Aber man sieht, dass es auf Relationen, auf denen Fernbusse parallel fahren, sehr wohl auf einmal eine Angebotsoffensive zu geben scheint.

Übrigens ist auch das eine der Ursachen, die dem InterConnex seinerzeit den Hals gebrochen hat. Nicht die fehlende Busmaut für parallele Fernbusse, wie die Allianz pro Schiene es uns erzählen will, sondern die Sparpreisverfügbarkeit der DB Fernverkehr AG zwischen Leipzig und Berlin war ein ebenso großes Problem. Das wird auch der Flixtrain noch erleben, dass die DB AG sich – starke Schiene hin oder her – so schnell nicht die Butter vom Brot nehmen lassen wird.

Eins können wir aber mit Sicherheit sagen: Die Endkunden profitieren in jedem Fall von der gesunkenen Umsatzsteuer. Aber aus ordnungspolitischen Gründen geht man hier den richtigen Weg: Es gibt keinen Grund, die Schiene mit der vollen Umsatzsteuer zu belasten, wenn man den Verkehrsträger Schiene ernsthaft fördern möchte.

Nach einem Jahr sollten wir dann eine erste Zwischenbilanz ziehen und sehen, was es gebracht hat. Und sollte es am Ende dennoch keine Weitergabe an die Endkunden gibt, dann muss die Bundesregierung als Alleinaktionär Einfluss nehmen. Die Eisenbahn ist nämlich doch politisch – und die gewählten Volksvertreter müssen unsere Bahn steuern.

Siehe auch: MyDealz: Studie zur Weitergabe der Umsatzsteuer-Senkung

Kommentare sind geschlossen.